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Mögliches Ende einer Ära Eine Regierung in Israel ohne Netanjahu rückt näher

  • In Israel zeichnet sich eine Koalition zur Ablösung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ab.
  • Der Vorsitzende der ultrarechten Jamina-Partei, Naftali Bennett, sagte am Sonntag in Jerusalem, er werde alles unternehmen, um ein Bündnis mit Oppositionsführer Jair Lapid von der Zukunftspartei zu schliessen.
  • Ziel ist nach Medienberichten eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten: Zuerst soll Ex-Verteidigungsminister Bennett dieses für zwei Jahre übernehmen, dann wäre Lapid an der Reihe.

Falls eine solche Regierung tatsächlich zustande kommt, wäre die Ära Netanjahu beendet. Der heute 71-Jährige ist Ministerpräsident seit 2009. Zuvor stand der Politiker bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre an der Spitze der Regierung.

Netanjahu griff Bennett nach dessen Mitteilung am Abend in einer Rede, die auch auf Twitter verbreitet wurde scharf an und warf ihm vor, er habe sein Wahlkampfversprechen gebrochen, keine Koalition mit Lapid zu bilden. Der Likud-Vorsitzende warnte vor einer «gefährlichen linken Regierung».

«Ära Netanjahu noch nicht (ganz) Geschichte»

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Eine Kurzeinschätzung von Nahost-Korrespondentin Susanne Brunner:

Noch nie seit 2009 stand Premierminister Netanjahu so kurz davor, sein Amt abgeben zu müssen. Seit mehr als zwei Jahren ist es ihm nie mehr gelungen, eine stabile Regierung zu bilden. Politiker und Politikerinnen unterschiedlichster Parteien haben sich nun darauf geeinigt, eine Regierung bilden zu wollen, damit Israel endlich wieder eine Regierung bekommt. Sie hätten dafür die 61 notwendigen Sitze im Parlament, die es für eine Mehrheit braucht. Aber noch ist die Koalition nicht hundertprozentig besiegelt und damit die Ära Netanjahu noch nicht Geschichte.

Bennett sagte zuvor jedoch, es sei deutlich geworden, dass die Bildung einer rechten Regierung gegenwärtig unmöglich sei. Die einzigen Optionen seien eine fünfte Wahl oder eine Einheitsregierung mit Lapid. «Die politische Krise in Israel ist weltweit beispiellos», sagte Bennett. Er warf Netanjahu eine zerstörerische Spaltungspolitik vor.

Bei der Parlamentswahl am 23. März war Lapids Zukunftspartei, angesiedelt in der politischen Mitte, zweitstärkste Kraft hinter Netanjahus Likud geworden. Die vierte Wahl binnen zwei Jahren ergab jedoch wieder keine klaren Mehrheitsverhältnisse. Netanjahu war mit der Bildung einer Regierung gescheitert, am 5. Mai beauftragte Staatspräsident Reuven Rivlin daher Lapid. Das Mandat gilt nur noch bis Mittwoch um Mitternacht.

Naftali Bennett, ein rechter Politiker in Israel.
Legende: Der rechte Politiker Naftali Bennett erklärte am Sonntagabend, er sehe keine Chance mehr für ein Bündnis mit Netanjahu. Reuters

Nach einer offiziellen Verkündung des Bündnisses mit Bennett müsste Lapid zunächst Rivlin informieren und hätte dann sieben Tage Zeit für die Vereidigung der Regierung im Parlament. Dafür ist eine einfache Mehrheit der 120 Abgeordneten in der Knesset notwendig. Sollte dies gelingen, wäre die Ära Netanjahu vorbei. Länger hat in Israel noch nie ein Regierungschef amtiert.

Netanjahu kämpfte am Wochenende weiter gegen seine Ablösung. Er bot Bennett sowie seinem Erzrivalen Gideon Saar von der rechtsorientierten Partei Tikva Chadascha noch eine Koalition mit Rotation der drei im Amt des Ministerpräsidenten an. Saar, der nach diesem Vorschlag als erster Regierungschef werden sollte, lehnte den Vorschlag jedoch ab.

Zu sehen Benjamin Netanjahu
Legende: Falls das angestrebte neue Bündnis tatsächlich zustande kommt, wäre die Ära Netanjahu beendet. Er regiert seit 2009. Keystone

Wahrscheinlich ist eine Minderheitsregierung

Lapids Zukunftspartei führte am Sonntag Koalitionsgespräche mit Saars Tikva Chadascha (Neue Hoffnung). Sie hat bereits Vereinbarungen mit der linksliberalen Meretz-Partei, der Arbeitspartei sowie der ultrarechten Partei Israel Beitenu von Ex-Aussenminister Avigdor Lieberman getroffen. Lapid will mehrere kleine Parteien hinter sich versammeln, die im politischen Spektrum weit auseinander liegen. Es würde sich dabei vermutlich um eine Minderheitsregierung handeln, die von arabischen Abgeordneten geduldet wird.

Die Parteien eint vor allem die Ablehnung Netanjahus, gegen den ein Korruptionsprozess läuft. Ihre politischen Ziele klaffen jedoch weit auseinander, die erwartete Regierung ähnelt einem politischen Flickenteppich.

Tagesschau, 30.05.2021, 19:30 Uhr ; 

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