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Moldau stimmt ab Trotz Sieg beim EU-Referendum: Befreiungsschlag ist gescheitert

Moldaus Präsidentin Maia Sandu könnte sich freuen: Sie gewinnt den ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl mit grossem Vorsprung auf den Zweitplatzierten. Und sie gewinnt das Referendum, dank dem jetzt neu in der Verfassung stehen wird, dass der EU-Beitritt ein strategisches Ziel für die Republik Moldau ist.

Zwei Siege also für die Präsidentin. Doch das ist höchstens die halbe Wahrheit. Im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl dürften sich die prorussischen Kräfte zusammenschliessen. Wenn diese ihre Wählerschaft gut mobilisieren und vielleicht wieder Stimmen kaufen, dann könnte bald schon wieder ein prorussischer Präsident in der Moldau regieren. So, wie es bis 2020 der Fall war.

Die EU dürfte sich die Moldau kaum in ihren Kreis holen

Und auch der Sieg im Referendum ist wenig wert. Eine Regierung, die in einer strategisch so wichtigen Frage, wie dem EU-Beitritt nur eine Mehrheit von 50.4 Prozent gewinnt, die hat nicht viel gewonnen. Darauf kann Maia Sandu einen künftigen EU-Beitritt nicht nachhaltig aufbauen.

Dazu kommt: Ein Zehntel des Landes, das sogenannte Transnistrien, ist seit über dreissig Jahren abtrünnig. Einen solchen Staat, der nicht einmal über sein gesamtes Staatsgebiet die Hoheit ausübt, dürfte sich die Europäische Union kaum in ihren Kreis holen.

Unter dem Strich: ein schwer gespaltenes Land

Präsidentin Maia Sandu wollte dieses Referendum über den EU-Beitritt, um der Welt ein für alle Male zu zeigen, dass die Moldau ein europäisches Land ist und nicht ein russischer Satellitenstaat. Dieser Plan ist gescheitert. Auch, wenn sie den zweiten Wahlgang gewinnen sollte.

Unter dem Strich bleibt ein schwer gespaltenes Land, in dem sich die zwei Gruppen, die proeuropäische und die prorussische, nicht über den Weg trauen. Keine gute Basis für die dringend nötige Entwicklung der Republik Moldau.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, Transnistrien sei von Russland besetzt worden. Diese Angabe ist missverständlich. Russische Truppen waren bereits vor dem Sezessionskrieg 1992 in der Region stationiert.

Peter Balzli

Österreich- und Osteuropa-Korrespondent

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Peter Balzli hat Wirtschaft und Medienwissenschaften in Bern und Berlin studiert. Danach absolvierte er die Ringier-Journalistenschule und begann 1995 beim SRF zu arbeiten. Bevor er zwischen 2001 und 2013 als SRF-Korrespondent aus Paris und London berichtete, arbeitete Balzli 2000 bis 2001 als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Seit 2016 ist Peter Balzli Österreich- und Osteuropa-Korrespondent.

Tagesschau, 21.10.2024, 19:30 Uhr

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