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Münchner Sicherheitskonferenz Merkel gegen Pence – zwei Welten prallen aufeinander

Es ist schwierig geworden zwischen Europa und den USA. Die Auftritte von Pence und Merkel in München verdeutlichen das.

Viele Beobachter waren nach Angela Merkels Auftritt des Lobes voll. Eine flammende aussenpolitische Rede habe die Bundeskanzlerin gehalten. Schade nur, meinten manche, dass sie sich erst jetzt so äussert, da sich ihre Regierungszeit dem Ende zuneigt.

Für Merkel war ein Plädoyer für internationale Zusammenarbeit offenkundig überfällig, denn die Welt habe sich aufgeteilt in viele Puzzleteile. Nun sei es höchste Zeit, sie wieder zusammenzufügen.

Beziehung zu China und Russland

Gewiss, die Kanzlerin griff auch die Schwierigkeiten auf. Und die haben nicht nur mit der Regierung Trump zu tun. Sondern auch mit China und Russland. Ja, das Verhältnis zu Russland habe man sich nach dem Mauerfall anders vorgestellt. Sie rief auch die Führung in Peking auf, sich an einem neuen Abkommen für ein Verbot atomarer Mittelstreckenraketen zu beteiligen.

Ukraine-Krise, Syrien-Krise, Konflikt mit dem Iran – Lösungen hat auch Merkel keine, aber sie plädiert für Nüchternheit und das äusserst vehement. Wenn es schon schwierig sei mit einem Land, sei es gewiss nicht der richtige Ansatz, das bisschen zu zerstören, was einen noch verbinde. Also das Atomabkommen, dem die Amerikaner den Rücken gekehrt haben.

Klare Worte in Richtung USA

Mehrfach sprach die Kanzlerin die USA direkt an. Sie gab zu bedenken, dass die blosse Forderung an die Adresse der Europäer, ihre Rüstungsetats aufzustocken, kein Patentrezept sei: «Wir müssten erstmal klar wissen, was wir mit dem zusätzlichen Geld tun wollen.» Sie empörte sich darüber, dass Donald Trump deutsche und andere europäische Autos mit Sonderzöllen belasten wolle.

Probleme über Probleme. Doch immer wieder kam Merkel auf ihren zentralen Punkt zurück: Ja, Multilateralismus sei mühsam, ja, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, sei schwierig. Doch was sei die Alternative? Solle sich etwa jeder in seinem Haus verkriechen?

Gegenrede von Mike Pence

Ganz anders klang es gleich anschliessend bei US-Vizepräsident Mike Pence. Zwei Reden, zwei Welten. Von Partnerschaft, von gemeinsamen Lösungen war bei Pence kaum die Rede, vielmehr von einem Land, das weiss, was nötig und richtig ist – und das auch durchsetzen kann.

Die Rede von Pence war zum einen unverhohlene Propaganda für die Wiederwahl seines Chefs Donald Trump. Wiederholt pries er ihn in den höchsten Tönen. Zum andern war sie eine Liste mit Forderungen an die Adresse der Europäer. Mehr zahlen für die Nato müssten sie – und das mit konkreten Plänen belegen.

Forderungen an Europa

Zudem müssten sie das Iran-Atomabkommen kündigen, zumal der anti-israelische Iran nun ganz konkret einen Holocaust plane. Schliesslich müsse Europa das «Northstream 2»-Pipelineprojekt beerdigen und die EU einhellig gegen das Maduro-Regime in Venezuela Stellung beziehen.

Was, wenn die Europäer die US-Forderungen nicht erfüllten? Die Frage schwang ständig mit, doch dazu schwieg Mike Pence. Hingegen sagte er in München klarer als es Vertreter der Trump-Regierung bisher taten: Trotz «America-First» seien die USA bereit, in der Welt weiterhin die Führungsrolle zu spielen. Aber: Ausschliesslich zu ihren Bedingungen.

Dazu passte, dass Pence nach seiner Rede sogleich die Bühne verliess. Fragen beantwortete er keine – ein grober Verstoss gegen die Sitten auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Kein Wunder, dass noch nie die Sehnsucht nach dem «guten, alten Amerika» so offen beschworen wurde wie diesmal.

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