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Musik aus Nigerias Slums Afrobeats erobern die Welt

Afrobeats ist Nigerias populärster Export. Auch in der Schweizer Hitparade ist die Musik anzutreffen. Der Song «Calm Down» von Rema beispielsweise ist seit Monaten fast ununterbrochen in den Top 10 gelistet. In Nigeria selbst träumen Tausende davon, der nächste grosse Musikstar zu sein.

Der 24-jährige Habeeb Olalekan aka Shine Boy sitzt vor dem Coiffeurladen seines Freundes im Slum Agege in Lagos und freestylt. «In der Musik geht es darum, eine Message weiterzugeben. Vor allem, wenn man im Slum lebt wie ich, wo das Leben hart ist, wo man hart arbeiten muss, um über die Runden zu kommen.»

Leute, mit denen ich zusammengearbeitet habe, haben längst aufgegeben. Gewisse Leute glaubten, ich würde nur meine Zeit verschwenden.
Autor: Andre Vibez Musikproduzent

Seit er 13 Jahre alt ist, macht Shine Boy Musik. Er hat bereits mehrere Tracks produziert, die er über die scheppernden Lautsprecher im kleinen Coiffeursalon laufen lässt: «Mein Hauptziel im Leben ist es, ein grosser Star zu werden. Und ich glaub’ daran, dass es geschehen wird. So viele Musiker in Nigeria haben es aus dem Slum auf die Weltbühne geschafft.» Shine Boy hofft in den sozialen Medien entdeckt zu werden von einem grossen Musikproduzenten. Von Produzenten, die Welthits produzieren, wie «Calm Down».

Personen in einem kleinen Raum in dem eine Person einer anderen die Haare schneidet.
Legende: Freestyle im Coiffeursalon in Agege. Hier träumt «Shine Boy» (vorne links) von der Weltbühne. SRF/Anna Lemmenmeier

Ohrwurm «Calm Down»

Das Lied hat weltweit die Charts erobert. Es wurde mit Platin oder diamantenen Schallplatten auf allen Kontinenten ausgezeichnet. Auch in der Schweiz ist der Song seit Monaten ganz vorne in der Hitparade. Produziert hat das Lied Andre Vibez, mit bürgerlichem Namen Alexander Uwaifo. Der 34-Jährige hat es geschafft und ist ganz oben in Nigerias Musikindustrie angekommen.

Leute aus dem Slum schaffen es hier jeden Tag.
Autor: Andre Vibez Musikproduzent

«Leute, mit denen ich zusammengearbeitet habe, haben längst aufgegeben. Gewisse Leute glaubten, ich würde nur meine Zeit verschwenden. Mit dem Hit ‹Calm Down› bin ich nun auf dem Höhepunkt», so der Musikproduzent. Andre Vibez kann es sich darum heute leisten, ein Haus zu mieten – in einer wohlhabenden Gegend von Lagos. Dort sitzt der junge Mann mit dem Afro tagtäglich in seinem kleinen, mit rotem Licht ausgestatteten Studio und kreiert Beats.

Auf dem Rückfenster eines Tuktuks sind verschiedene Musiker abgebildet
Legende: Berühmte Musiker sind in Nigeria überall anzutreffen, auch auf Tuktuks. SRF/Anna Lemmenmeier

Sozialer Aufstieg durch Musik kein Mythos

Vibez Karriere hat nicht im Slum begonnen. Sein Vater war bereits ein bekannter Musiker. Dennoch sei der soziale Aufstieg in Nigeria durch Musik überhaupt kein Mythos: «Leute aus dem Slum schaffen es hier jeden Tag. Selbst Wizkid kommt aus einfachen Verhältnissen», so Vibez. Und Wizkid ist heute einer der erfolgreichsten Musiker Nigerias und millionenschwer.

Wir Afrikaner mögen keine traurige Musik. Wir müssen durch zu vieles durch, da machen wir lieber Musik, die uns glücklich macht.
Autor: Andre Vibez Musikproduzent

Afrobeats ist seit einigen Jahren aus den Clubs auf der ganzen Welt nicht mehr wegzudenken. Für Musikproduzent Andre Vibez, der für Afrikas grösste Plattenfirma, Mavin Records, arbeitet, hat die nigerianische Musik das zu einem grossen Teil den sozialen Medien zu verdanken: «Die sozialen Medien haben die Welt kleiner gemacht. Leute von überall haben angefangen zu sehen, was wir hier machen.»

Person vor einer Stereoanlage.
Legende: In seinem «Sonic Room» produziert Andre Vibez täglich Beats. SRF/Anna Lemmenmeier

Ein weiterer Erfolgsfaktor, sei die Art der Musik, die in Nigeria produziert werde: «Wir Afrikaner mögen keine traurige Musik. Wir müssen durch zu vieles durch, da machen wir lieber Musik, die uns glücklich macht. Und diese Art von Musik reisst mit.» Afrobeats, Nigerias populärster Export, reisst mit. Egal ob im Slum oder im Luxusclub. Ob in Lagos, New York oder Zürich.

Echo der Zeit, 21.2.23, 18 Uhr

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