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Nach Ausschreitungen Lage an belarussischem Grenzübergang zu Polen beruhigt sich

  • Die Lage am Grenzübergang Kuznica-Brusgi hat sich am Dienstagabend beruhigt, meldete der polnische Grenzschutz.
  • Dort war es am Dienstagvormittag zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Migranten und polnischen Sicherheitskräften gekommen.
  • Belarus errichtet nach Anordnung von Machthaber Lukaschenko ein Nachtlager für einen Teil der Migranten nahe der polnischen Grenze.

«Momentan kehren die Ausländer vom Grenzübergang Kuznica-Brusgi auf das Gelände des früheren Zeltlagers zurück, das sich ein paar hundert Meter weiter an der Grenzlinie befindet», teilte der polnische Grenzschutz am Dienstag via Twitter mit. Dazu wurde ein Video gepostet, das Menschen am Waldrand hinter der Grenzbefestigung zeigt, die sich an Lagerfeuern wärmen.

Am Dienstagvormittag hatte am Grenzverlauf zwischen Belarus und Polen noch ein Chaos geherrscht. Gemäss Berichten der polnischen Behörden bewarfen Flüchtlinge Soldaten und Sicherheitskräfte mit Steinen. Sie seien zudem von belarussischer Seite mit Knallgranaten ausgestattet worden.

Polnische Sicherheitskräfte richten Wasserwerfer auf die Migrantinnen und Migranten.
Legende: Polnische Sicherheitskräfte richten Wasserwerfer auf die Migrantinnen und Migranten. Reuters

Polen wiederum reagierte mit Wasserwerfern auf die Angriffe. Belarussische Staatsmedien zeigten Videos mit durchnässten Menschen, darunter auch Journalisten, die vom Wasserstrahl getroffen wurden. Das polnische Verteidigungsministerium veröffentlichte ebenfalls ein Video, auf dem der Einsatz eines Wasserwerfers zu sehen war.

Die Auseinandersetzungen waren polnischen Angaben zufolge nach zwei Stunden beendet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, da Polen keine Medien für eine Berichterstattung aus der Grenzregion zulässt. Das Land hat nach offiziellen Angaben mittlerweile mehr als 20'000 Sicherheitskräfte im Grenzgebiet stationiert.

Der Konflikt an der EU-Aussengrenze in drei Punkten

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Menschen am Grenzzaun
Legende: Reuters
  • In der Kritik steht vor allem Belarus. Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, Migrantinnen und Migranten absichtlich an die Grenze zu Polen zu transportieren, um den Druck auf die EU zu erhöhen, die Sanktionen gegen ihn verfügt hat.
  • Doch auch Polen wird kritisiert: Das Nachbarland beschützt seine Grenze mit tausenden Soldaten.
  • Einige Migrantinnen und Migranten berichten sogar, sie seien vom EU-Land Polen über die Grenze zurück nach Belarus gebracht worden, ohne dass sie einen Asylantrag stellen konnten. Ein solches Vorgehen nennt man «Pushback».

Nach Darstellung des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko befinden sich in einem «Migrantenlager» mehr als 2000 Menschen, die dort seit Tagen ausharren. Unterdessen ordnete Lukaschenko die Errichtung eines Nachtlagers für einen Teil der Migranten nahe der polnischen Grenze an. In der Region Grodno werde ein Logistikzentrum so umfunktioniert, dass Frauen und Kinder dort übernachten könnten, meldete die Staatsagentur Belta am Dienstagabend. Auf beigefügten Fotos ist zu sehen, wie Menschen in einer Halle Matten und Decken ausbreiten.

Telefonate mit Putin und Merkel

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Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte am Dienstag erneut mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko. Es sei um die Lage im Grenzgebiet gegangen, teilte der Kreml am Dienstag in Moskau mit. Zudem hätten die beiden Staatschefs darüber gesprochen, wie die Grenzen des gemeinsamen Unionsstaates geschützt werden könnten, meldete die belarussische Staatsagentur Belta.

Lukaschenko informierte Putin demnach auch über sein Telefonat mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Vortag. Es war Merkels erstes Gespräch mit dem Machthaber seit der umstrittenen Präsidentenwahl im August vergangenen Jahres in Belarus.

Viele der Migranten stammen aus dem Irak. Die zuständige Botschaft des Landes in Moskau teilte der Agentur Interfax zufolge mit, dass etwa 200 Menschen von Belarus in ihre Heimat zurückkehren wollten. Darunter seien Familien, Frauen und Kinder.

Ein «Evakuierungsflug» aus Minsk wird für diesen Donnerstag organisiert. «Etwa 200 Personen, darunter Frauen und Kinder, die sich derzeit in Weissrussland aufhalten, haben die irakische diplomatische Vertretung in Moskau kontaktiert und um ihre Rückführung gebeten», sagte ein Sprecher der irakischen Botschaft in Moskau.

SRF 4 News, 15.11.2021, 23:30 Uhr ; 

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