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Nach Bluttat von Graz Trotz Widerstand der FPÖ: Österreich verschärft Waffenrecht

Das Land hatte bisher eines der liberalsten Waffengesetze in Europa. Nun reagiert die Politik auf den Amoklauf von Graz.

Am 10. Juni 2025 stürmt ein 21-jähriger in seine ehemalige Schule und schiesst um sich. Neun Jugendliche und eine Lehrerin sterben. Der Täter begeht Suizid. Die Bluttat von Graz sendet Schockwellen durch Österreich – und weit darüber hinaus.

«Das ist ein dunkler Tag in der Geschichte unseres Landes», erklärt Bundeskanzler Christian Stocker vor der Schule. «Österreich steht im Angesicht dieser nationalen Tragödie still.»

Bei Gesten und Beileidsbekundungen blieb es diesmal aber nicht. Denn der Amoklauf hat die österreichische Politik aktiv werden lassen. Nun, gut drei Monate später, hat das Parlament in Wien das bisher liberale Waffenrecht im Land verschärft. Künftig sollen Waffen später erworben, Daten besser ausgetauscht und Käufer strenger geprüft werden.

Grosse Mehrheit für verschärftes Waffenrecht

Das Parlament stimmte mit grosser Mehrheit dafür, das Mindestalter für den Waffenerwerb heraufzusetzen, die psychologischen Tests zu verbessern und die «Abkühlphase» zwischen Kauf und Aushändigung der Waffe von drei Tagen auf vier Wochen zu verlängern. 

Gerhard Karner
Legende: Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte, es handle sich um die grösste Revision des Waffengesetzes seit 30 Jahren. Keystone/APA/Helmut Fohringer

Für Diskussionen hatte gesorgt, dass der Amokschütze Jahre vor der Tat bei der Musterung zum Bundesheer als psychisch instabil aufgefallen und für nicht tauglich befunden worden war. Davon erfuhren aber die Waffenbehörden wegen Datenschutzes nichts. Ab sofort wird dieser Datenaustausch zwischen Militär und Waffenbehörden ermöglicht.

Waffenland Österreich

Es wird laut Innenministerium Ausnahmen für Jäger und Sportschützen geben. Ein Punkt, der das Gesetz laut ORF-Journalistin Eva Linsinger erst mehrheitsfähig gemacht hat. Denn Österreichs grosse Waffentradition fusse gerade auch auf den vielen Schützenvereinen und Jägern im Land. «Zudem hat Österreich für so ein kleines Land eine veritabel grosse Waffenindustrie.»

Je leichter es ist, an eine Waffe zu kommen und im Affekt zu handeln, desto eher passieren solche Taten.
Autor: Eva Linsinger Journalistin beim ORF

Aus dieser Gemengelage heraus habe sich in Österreich ein liberales Waffenrecht entwickelt. «Durch den Amoklauf in Graz, der der erste dieser Art in Österreich war, hat die Stimmung im Land aber gedreht», so Linsinger. «Die Verschärfungen haben nun auch in der Bevölkerung eine breite Mehrheit.»

FPÖ kritisiert «Anlassgesetzgebung»

Die rechte FPÖ war als einzige Parlamentsfraktion gegen die Gesetzesverschärfung. Die Massnahme sei ein «ideologischer Generalangriff auf knapp 400’000 unbescholtene Waffenbesitzer», sagte FPÖ-Sicherheitspolitiker Volker Reifenberger. Linsinger sieht noch einen anderen Grund dafür, dass die FPÖ die Verschärfung ablehnt: «Es ist ihr Alleinstellungsmerkmal, sich gegen das vermeintliche ‹System› und die ‹Einheitsparteien› zu stellen.»

Die FPÖ spricht von einer «Anlassgesetzgebung» ohne wirklichen Nutzen. Dass sich Amokläufe allein mit Gesetzen verhindern lassen, glaubt zwar auch Linsinger nicht. «Aber je leichter es ist, an eine Waffe zu kommen und im Affekt zu handeln, desto eher passieren solche Taten.»

SRF 4 News, 26.09.2025, 7:40 Uhr ; 

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