Zum Inhalt springen

Nach der Parlamentswahl Wer wird Katalonien regieren?

  • Die separatistischen Parteien haben bei der Parlamentswahl in Katalonien die Mehrheit behalten und ausbauen können.
  • Am meisten Stimmen als einzelne Partei erhielten aber die Sozialisten, deren Spitzenkandidat, der bisherige spanische Gesundheitsminister Salvador Illa, ein Gegner der katalanischen Unabhängigkeit ist.
  • Alle separatistischen Parteien haben vereinbart, nicht mit Illa zusammenzuspannen.

Das Parlament in der spanischen Region Katalonien wurde gewählt. Die Resultate stecken voller interessanter Aspekte. Wo also beginnen? Beim grossen Gesamtbild.

Zählt man die Stimmen aller Parteien zusammen, die sich für die Unabhängigkeit Kataloniens einsetzen, kommt man auf knapp mehr als 50 Prozent – das sind so viele, wie noch nie. Man wäre also verleitet zu sagen, dass die Resultate zeigen, dass sich die Mehrheit der Katalaninnen und Katalanen einen unabhängigen Staat wünscht.

Zusammenschluss der Unabhängigkeitsparteien?

Doch das wäre eine waghalsige Interpretation, steht dieser Rechnung doch die extrem tiefe Wahlbeteiligung gegenüber: Sie ist 25 Prozent niedriger als bei den letzten Wahlen 2017 – höchstwahrscheinlich pandemiebedingt.

Und dann ist da auch die Gewinnerin: Die sozialistische Partei, die auch auf nationaler Ebene regiert, hat am meisten Stimmen geholt. Ihr Spitzenkandidat, der ehemalige Gesundheitsminister Salvador Illa, ist ein vehementer Gegner der Unabhängigkeitsbewegung.

Die sozialistische PSC hat bei der Katalonien-Wahl am meisten Stimmen erhalten.
Legende: Die sozialistische Partei hat bei der Katalonien-Wahl am meisten Stimmen erhalten. Keystone

Wer also wird Katalonien regieren? Diese Frage lässt sich am Morgen nach der Wahl nicht beantworten. Denkbar ist – wie schon in den letzten Jahren – ein Zusammenschluss der Unabhängigkeitsparteien. Diesmal jedoch angeführt vom gemässigteren Lager.

Linke Regierung mit Koalitionspartnern?

Die andere Option: eine linke Regierung, ähnlich wie auf nationaler Ebene. Die Sozialisten als Wahlsieger, zusammen mit der kleineren, noch weiter linksstehenden Koalitionspartnerin Unidas Podemos, unterstützt von den linken Republikanern, der stärksten Unabhängigkeitspartei.

Rein rechnerisch ginge das auf – politisch allerdings nicht. Bereits gestern Abend sprachen die linken Republikaner von einem erneuten Unabhängigkeitsreferendum für Katalonien. Für die Sozialisten kommt das nicht infrage.

Und auch die linken Republikaner könnten einen solchen Schulterschluss ihren Wählerinnen und Wählern wohl kaum erklären. Bereits vor dem Wahltag haben sämtliche separatistischen Parteien schriftlich erklärt, dass sie auf keinen Fall mit den Sozialisten zusammenspannen würden.

Blick auf Ciudadanos lohnt sich

Die rechten, spanientreuen Parteien haben insgesamt am schlechtesten abgeschnitten. Doch auch dort lohnt sich ein genauer Blick – etwa auf Ciudadanos.

Bei den letzten Wahlen 2017 war diese Partei noch Wahlsiegerin. Doch auf nationaler Ebene verlor sie in den letzten Jahren massiv an Einfluss. Nun verschwindet sie in Katalonien faktisch in die Bedeutungslosigkeit mit nicht einmal sechs Prozent der Stimmen. Das ist bitter. Besonders, weil die Partei in Katalonien ihren Ursprung hat.

Es ist eine komplizierte Ausgangslage

Ebenfalls bemerkenswert ist der Einzug von Vox ins katalanische Parlament. Die Rechtsaussenpartei holte exakt doppelt so viele Stimmen wie der konservative Partido Popular – ein herber Schlag für die Traditionspartei.

Eine interessante, aber komplizierte Ausgangslage also. Was es definitiv brauchen wird, ist das, was in Katalonien seit Jahren beschworen wird: die Bereitschaft zum Dialog.

HeuteMorgen, 15.02.2021, 06:00 Uhr

Meistgelesene Artikel