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Viel ist nicht bekannt über die aktuelle Lage in Iran
Aus SRF 4 News aktuell vom 30.09.2022. Bild: Reuters
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Nach Tod von Mahsa Amini Proteste in Iran: «Neue Unruhen sind praktisch vorprogrammiert»

Seit zwei Wochen gehen die Menschen in Iran auf die Strasse. Sie protestieren gegen das Mullah-Regime und die Kleidervorschriften für Frauen. Das Regime geht mit aller Härte vor, laut Menschenrechtsorganisationen starben bislang rund 80 Menschen. Was aktuell im Land vorgeht, sei aber kaum zu verifizieren, sagt ARD-Korrespondentin Karin Senz in Istanbul.

Karin Senz

Karin Senz

Journalistin

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Die deutsche Journalistin ist seit 2017 ARD-Korrespondentin in Istanbul und berichtet aus der Türkei. Zu ihrem Berichterstattungsgebiet gehören auch Griechenland und Iran.

SRF News: Was wissen Sie über die aktuelle Lage in Iran?

Karin Senz: Das ist schwierig zu sagen. Das Internet in Iran ist gedrosselt oder sogar blockiert. So gibt es derzeit kaum neue Videos von Demonstrationen, wie wir sie zu Beginn der Proteste vor zwei Wochen gesehen haben. Laut den Teheraner Behörden gibt es in der Hauptstadt keine Proteste mehr, auch Oppositionsmedien berichten, dass die Proteste schwächer geworden seien.

Die Fussballspiele finden ohne Zuschauer statt – um Menschenansammlungen zu verhindern.

Bekannt ist, dass die nächsten Fussballspiele in der höchsten Liga ohne Zuschauer stattfinden sollen – wohl um Menschenansammlungen zu vermeiden. Daneben gibt es Berichte von Protesten an Universitäten sowie von dezentralen, kleineren Demonstrationen in Teheran – wie Hupkonzerte.

Präsident Ebrahim Raisi forderte ein hartes Vorgehen gegen Protestierende, sprach aber auch davon, toleranter sein zu wollen. Was könnte das bedeuten?

Die Führung in Iran äussert sich häufig so, dass es extrem viel Spielraum zur Interpretation gibt. Er sagte, die Iraner sollten ein Recht darauf haben, Kritik zu äussern oder Diskussionen darüber zu führen, wie Gesetze ausgelegt werden – doch Gewalt und Unsicherheit werde man nicht dulden.

Ich glaube nicht, dass das Kopftuch fällt.

Aber ob das heisst, dass die Sitten-Gesetze künftig weniger streng ausgelegt werden – wie das etwa bis Frühsommer der Fall war –, oder gar die Kopftuchpflicht für Frauen fällt, bleibt offen. Allerdings glaube ich nicht, dass letzteres eintreffen wird, denn das würde einen Sieg der Demonstrierenden bedeuten und sie extrem motivieren.

Raisi vor einer Iran-Fahne.
Legende: Präsident Raisi, ein Hardliner, lässt für Interpretationen viel Spielraum. Keystone

Würde eine Rückkehr zur Praxis vor dem Sommer, was die Durchsetzung der Kleidervorschriften angeht, genügen, um die Protestierenden zu beruhigen?

Das ist schwer vorstellbar. Bei meinen letzten Besuchen in Iran habe ich in den letzten Monaten immer wieder Frauen angetroffen, die im Alltag die Grenze immer weiter nach hinten verschoben haben. So habe ich etwa zwei Automechanikerinnen besucht – sie trugen einen Hut oder ein Haarband, weil ein Kopftuch zu gefährlich wäre, um an Motoren zu arbeiten.

Die Frauen in Iran haben es satt, ständig schikaniert zu werden.

Grundsätzlich haben es die Frauen in Iran aber vor allem satt, ständig von der Sittenpolizei schikaniert zu werden – was in Schläge, eine Verhaftung oder sogar in einen Mord ausarten kann, wie es bei Mahsa Amini passiert ist. Bei den Protesten hat man nun die Wut der Frauen gespürt, diese Drangsalierung nicht mehr länger hinnehmen zu wollen. Zwar könnten die Proteste abebben, auch wenn das Kopftuch nicht fällt – doch neue Unruhen sind dann vorprogrammiert.

Video
Archiv: Anhaltende Proteste in Iran
Aus Tagesschau vom 24.09.2022.
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Gibt es auch politische Parteien, die die Forderungen der Protestierenden aufgenommen haben und in die Politik bringen können?

Eine politische Opposition in Iran gibt es praktisch nicht. Die Oppositionspolitiker sind in der Vergangenheit massiv mit Haftstrafen oder Hausarrest unter Druck gesetzt worden, manche sind ins Ausland geflohen. An der Spitze der Strassenproteste stehen aktuell die Frauen, es gibt aber auch viele Männer, die wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation protestieren. Sie alle eint der Gegner: das Mullah-Regime. Würde das Regime fallen, gibt es niemanden, der im Land eine Führungsrolle übernehmen könnte.

Das Gespräch führte Nina Gygax.

SRF 4 News aktuell vom 30.9.2022, 10:10 Uhr;

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