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Nachfolge von Angela Merkel Wer ist der richtige Mann für die CDU im Osten, Reiner Haseloff?

Die CDU ist in Aufruhr wie selten. Die Macht von Angela Merkel erodiert. Die Kanzlerfrage muss gelöst und die zurückgetretene Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ersetzt werden. Eine Schlüsselrolle spielt der Osten, der die Krise ausgelöst hat. Und die nächste steht spätestens in einem Jahr bei der Wahl im Bundesland Sachsen-Anhalt bevor. Ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff.

Reiner Haseloff

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Der CDU-Politiker ist seit April 2011 Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. 2016 wurde in dem ostdeutschen Bundesland die erste «Kenia»-Koalition ausgehandelt, ein Regierungsbündnis von CDU, SPD und der Grünen Partei.

SRF News: Wie ist die Stimmung im Osten, gibt es in Sachsen-Anhalt auch bei der CDU den Wunsch nach einer raschen Ablösung von Angela Merkel – und würde Ihnen das für die Wahl 2021 helfen?

Reiner Haseloff: Sie sind ja brutal (lacht). Es geht jetzt darum, wer die CDU zukünftig führen soll. Dass Angela Merkel nicht mehr zur Verfügung steht, das wissen alle. Deswegen gehen die Überlegungen in die Zukunft.

Sie kennen die Bundeskanzlerin. Wird sie vorzeitig zurücktreten?

Das glaube ich nicht, denn sie hat nicht nur eine Verantwortung für diese Koalition und die Abarbeitung des Koalitionsvertrags. Es gibt auch noch einiges zu tun für den Osten. Ich glaube eher, dass sie diese Legislaturperiode durcharbeiten und versuchen wird, entsprechend die Möglichkeit zu schaffen, dass ein potenzieller Nachfolger möglichst grosse Chancen hat, die Wahl zu gewinnen.

Wer wäre der richtige Mann für die CDU im Osten?

Wir haben bei den letzten Wahlen gemerkt, dass der Wunsch nach ordnungspolitischer Klarheit und einem deutlicheren Hervorheben unseres konservativen Profils mitentscheidend ist. Viele verbinden das mit der Person Friedrich Merz. Auch ich glaube, dass er das bei uns abdecken könnte, kenne aber auch die grosse Heterogenität in der Bundesrepublik. Jetzt wird es darauf ankommen, dass wir einen Kandidaten finden, der möglichst breit aufgestellt ist, aber auch das zurückholt, was wir im Osten verloren haben.

Friedrich Merz
Legende: Mann der konservativen Werte: Friedrich Merz ist der Wunschkandidat der CDU im Osten. Keystone

Alle Kandidaten, aber insbesondere Friedrich Merz, sind gegen eine Kooperation mit der AfD. Aber gerade in Sachsen-Anhalt hat der CDU-Fraktions-Vize gesagt, man könne ohne weiteres mit der AfD kooperieren – man dürfe 25 Prozent der Bevölkerung nicht ignorieren. Wie passt das zusammen?

Diese 25 Prozent der Bevölkerung haben entschieden, eine Partei zu wählen, die für die CDU nicht kooperations- und koalitionsfähig ist. So müssen sie auch damit leben, dass sie im politischen Gestalten keine Rolle spielen wird. Nicht nur die Partei, sondern auch die grosse Mehrheit der Mitglieder versammeln sich hinter dem Beschluss: Es ist klar, dass es keine Koalition und Kooperation mit der AfD gibt.

Mit Blick auf ganz Ostdeutschland sehe ich eine signifikante Minderheit in der CDU, die eine solche Kooperation möchte. Wie funktioniert das dann?

Bezüglich des Werbens um Wählerinnen und Wähler ist die AfD nun mal ein Hauptgegner, wenn es um Protestwählerinnen geht. Deswegen müssen wir uns hart mit ihr auseinandersetzen, um diese Wähler zurückzuholen. Wenn es uns nicht genauso gehen soll wie der SPD, die in vielen Landesverbänden mit der Linken kooperiert oder koaliert, sind wir gut beraten, klare Kante zu zeigen und uns als CDU in der Mitte so stark wie möglich zu machen.

Wir müssen uns hart mit der AfD auseinandersetzen, um die Protestwähler zurückzuholen.

Auch die CDU hat eine Vergangenheit in der DDR. Sie gehörte zu den Blockparteien, wurde auch als Blockflötenpartei verspottet. Sie hat sich mit der SED arrangiert. Warum diese starke Abneigung gegenüber der Nachfolgepartei Die Linke?

Es geht gar nicht um eine Vergangenheitsdiskussion. Wenn wir als Partei der Mitte für eine freiheitlich-demokratische Grundwirtschaft und die soziale Marktwirtschaft stehen und die Linke dieses System ersetzen will, kann keiner von uns erwarten, dass wir unsere Grundsätze verraten. Wir können nicht beliebige Verfügungsmasse sein für mathematische Konstellationen, die sich in Parlamenten ergeben.

Sie regieren in Magdeburg mit einer «Kenia»-Koalition – CDU, SPD und Grüne – das ist auch eher ein arithmetisches Bündnis. Wenn ich das richtig verstehe, ist diese Koalition aus der Not geboren. Müssen Sie 2021 nochmals eine solche Koalition bilden?

Ich glaube, dass das durchaus eine Option wäre, wenn diese Mitte eine Mehrheit findet. Allerdings würde ich, auch nach den Erfahrungen die wir mit den Sozialdemokraten und Grünen haben, nicht davon sprechen, dass wir überhaupt nichts miteinander zu tun hätten. Die Grünen sind in vielen Bereichen – wie der Bewahrung der Schöpfung und Nachhaltigkeit – durchaus Partner und teilweise sogar näher an uns dran als die SPD.

Edmund Stoiber und Ehefrau
Legende: Die Freude hielt nicht lange an: Bei der Bundestagswahl 2002 sah es in den Hochrechnungen nach einem Sieg Edmund Stoibers (CSU) und der bürgerlichen Koalition aus. Schliesslich siegte das rot-grüne Bündnis knapp und Gerhard Schröder wurde Kanzler. «Stoiber wurde vom Osten verhindert», so Haseloff. Reuters

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann wählt Deutschland im Herbst 2021 und der Kanzlerkandidat der Union heisst Friedrich Merz.

Ich würde sagen, dass wir im Herbst nächsten Jahres ganz regulär Bundestagswahl haben werden; dass Angela Merkel bis dahin im Amt ist und Friedrich Merz eine Option ist, die in Ostdeutschland mehrheitlich präferiert wird. Aber das Rennen ist noch offen. Die Landesverbände sind im Osten viel kleiner als im Westen.

Ich sage immer: Ein Kanzler wird zwar im Westen gewählt, aber im Osten verhindert.

Wir spielen mathematisch gesehen eine untergeordnete Rolle. Aber ich sage immer: Ein Kanzler wird zwar im Westen gewählt, aber im Osten verhindert. Wenn wir keinen Kandidaten finden, der im Osten gut angenommen wird, haben wir ein Problem.

Das Gespräch führte Deutschlandkorrespondent Peter Voegeli.

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