«Das war wirklich aussergewöhnlich – und etwas, das sich niemand sonst getraut hat.» Am Dienstag, kurz vor Beginn des Nato-Gipfels in Den Haag, gratulierte Generalsekretär Mark Rutte US-Präsident Donald Trump zu seinem «entschlossenen Handeln im Iran». Dabei schmeichelte Rutte Trump so sehr, dass jener die Nachricht stolz auf seiner Plattform «Truth Social» veröffentlichte.
Nur wenige Stunden zuvor hatte Trump den «totalen Waffenstillstand» zwischen dem Iran und Israel verkündet. Eine Waffenruhe, die zunächst äusserst brüchig schien und in den ersten Stunden nicht eingehalten wurde. Trump reagierte darauf überaus verärgert und forderte Israel auf, keine Angriffe mehr zu fliegen.
Zwischen Schweigen und Dankbarkeit
Vorläufig scheint die Waffenruhe zu halten, Trump bringt sich bereits selbst für den Friedensnobelpreis ins Spiel. Der Iran und Israel verkünden ihren eigenen «Sieg» und Europa bedankt sich bei den USA.
Vor wenigen Wochen hatten viele europäische Staats- und Regierungschefs Israels Vorgehen im Gazastreifen noch offen kritisiert. Nun geben sich viele auffällig zurückhaltend – und einige loben den Angriff, obwohl er gegen das Völkerrecht verstösst. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz sprach gar von der «geleisteten Drecksarbeit».
Was sagt es aus über Europa, dass wir nur schon froh sind, wenn es keinen Eklat gibt in den nächsten 24 Stunden?
Christoph Frei, emeritierter Professor für internationale Beziehungen an der Universität St. Gallen, sieht klare Gründe für diese Zurückhaltung. «Europa ist im Moment einfach nur froh, wenn Trump Europa einigermassen die Stange hält in der Ukraine.»
Frei wird deutlich und sagt, der Nato-Gipfel zeige die Situation sehr klar. «Was sagt es aus über Europa, dass wir nur schon froh sind, wenn es keinen Eklat gibt in den nächsten 24 Stunden?»
Am Nato-Gipfel in Den Haag wurde dieser Tage über die Sicherheitslage beraten. Trump stand dabei im Fokus, daneben war auch der ukrainische Präsident Selenski anwesend, um für die weitere Unterstützung der Ukraine zu werben.
«Europa fällt politstrategisch nicht ins Gewicht», so Frei.
Das Schweigen sei jedoch fatal für unseren Kontinent, warnt Roland Popp, Sicherheitsexperte an der Militärakademie der ETH Zürich. «Wenn wir so weitermachen, werden wir zu Zuschauern, zu einem Objekt der Weltgeschichte.»
Europa muss seine Hausaufgaben machen
Christoph Frei ergänzt: «Es wäre nicht schlecht, wenn Europa seine eigenen Hausaufgaben zuerst macht und sich selbst so aufstellt, dass es wieder eine politische konstruktive Stimme bekommt.»
Die Waffen schweigen. Doch man weiss nicht, wie es weitergeht.
Ob der von Trump angekündigte Waffenstillstand nun langfristig anhält, wird sich zeigen. Christoph Frei und Roland Popp sind beide skeptisch. Frei sagt, er lasse sich gerne positiv überraschen, glaube jedoch nicht daran. Erreicht worden sei eigentlich nichts, im Gegenteil: Der Iran werde nun wohl erst recht eine Atombombe anstreben.
«Wir haben es mit einem Waffenstillstand im ureigenen Sinne zu tun», so Popp. «Die Waffen schweigen, doch man weiss nicht, wie es weitergeht.»