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«Natürliches Mineralwasser» Perrier unter Druck: Die Einwohner von Vergèze sind besorgt

Wegen umstrittener Filtermethoden droht Perrier der Verlust des Labels «Natürliches Mineralwasser». In Vergèze in Südfrankreich sorgen sich die Menschen nicht nur um die berühmte Marke, sondern um ihre Arbeitsplätze.

In Vergèze führt nichts an Perrier vorbei. Wegweiser zeigen den Weg zur Fabrik und selbst das Logo des Dorfes erinnert an die grüne bauchige Flasche. Hier im Département Gard, zwischen Nîmes und Montpellier wird seit über 150 Jahren das Mineralwasser abgefüllt. Das hat die rund 5000 Einwohner und Einwohnerinnen von Vergèze geprägt. Sie sind sich einig: Perrier gehört zu Vergèze.

Eingangstor der Perrier-Quelle mit Weg im Vordergrund.
Legende: Dem «Champagner unter den Mineralwassern» droht ein erheblicher Imageschaden. REUTERS/Manon Cruz

Doch nun steht die Marke Perrier von Nestlé Waters unter Druck. Die Tochtergesellschaft von Nestlé muss bis im August das Mikrofiltersystem entfernen. So will es die Präfektur in Gard, wo Perrier produziert wird. Ansonsten könnte Perrier das Label «Natürliches Mineralwasser» verlieren. Denn «natürlich» bedeutet nach EU-Regeln auch: keine Filterung. Der Marke Perrier, die auch als «Champagner unter den Mineralwassern» beworben wurde, droht ein erheblicher Imageschaden.

Die grosse Sorge: Verlust der Arbeitsplätze

Wäre da nur die schlechte Presse rund um die Marke, dürften sich die Einwohnerinnen und Einwohner damit leben können. Doch sie fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen, sollte Perrier das Label verliert und dadurch die Absatzzahlen sinken. Denn hier kennt jeder jemanden, der bei Perrier arbeitet oder gearbeitet hat – Familienangehörige, Freunde, Nachbarn.

Ende des 20. Jahrhunderts war Perrier der grösste Arbeitgeber der Region. Heute beschäftigt das Unternehmen noch rund 1000 Mitarbeitende der Region.

Willkommensschild von Nestlé Waters vor grüner Landschaft.
Legende: Geht es nach der Präfektur des Départements Gard muss Nestlé Waters innerhalb von zwei Monaten das Mikrofiltersystem aus der Mineralwasserquelle Perrier entfernen. REUTERS/Manon Cruz

Ein Rentner aus dem Dorf sagt: «Ich mache mir keine Sorgen um mich selbst, aber um die Jungen, die hier arbeiten und nicht wegwollen.»

Auch kleinere Betriebe haben Angst

Die Verunsicherung im Dorf ist spürbar. Nicht nur die Beschäftigten, auch lokale Betriebe bangen um ihre Zukunft. Michel Gayte-Coudougniès führt das einzige Hotel in Vergèze. Er sagt: «Perrier macht 30 Prozent unseres Umsatzes aus und auch die Familien, die betroffen wären, würden seltener bei uns im Restaurant essen oder ihre Freunde nach Vergèze einladen».

Eingang zu Bar des Sports mit geöffneten Türen.
Legende: In den Lokalen des beschaulichen Ortes könnten immer mehr die Tische verwaist sein, wenn Perrier das Label «Natürliches Mineralwasser» verliert. SRF/Zoe Geissler

Ähnlich äussert sich Hundesalon-Betreiberin des Dorfes: «Wir haben Kunden, die bei Perrier arbeiten. Wenn sie ihren Job verlieren, betrifft das auch uns. Sie kommen dann seltener oder gar nicht mehr.»

Ich bin überzeugt, dass Nestlé Waters mit einer angemessenen Umweltpolitik in dieser Region bleiben kann.
Autor: Pascale Fortunat-Deschamps Gemeindepräsidentin von Vergèze

Die Gemeindepräsidentin von Vergèze, Pascale Fortunat-Deschamps, kennt die Sorgen. Gemeinsam mit anderen Politikern der Region versucht sie, Lösungen zu finden, um den Industriestandort zu sichern. «Ich bin überzeugt, dass Nestlé Waters mit einer angemessenen Umweltpolitik in dieser Region bleiben kann», meint sie. Nun müsse das Unternehmen investieren, um sich an die Regeln einzuhalten. Lächelnd fügt sie an: «Perrier kann man aber bedenkenlos trinken. Es ist sehr gut».

Nestlé will handeln

Nestlé hat bereits beschwichtigt und angekündigt, man werde der Aufforderung der Behörden nachkommen. Man versuche eine technische Lösung zu finden, damit Perrier als natürliches Mineralwasser weiter produziert werden kann.

Darum geht es

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Nestlé gehören neben Perrier auch die französischen Marken Vittel oder Contrex. Die Schweizer Firma steht in Frankreich wegen des Einsatzes von verbotenen Filtersystemen in der Kritik. Gemäss Nestlé sind diese nötig, um die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, denn die Böden sind zunehmend belastet durch die Landwirtschaft. Doch das Label «Natürliches Mineralwasser» darf nur vergeben werden, wenn das Wasser direkt von der Quelle in die Flaschen abgefüllt wird – ohne Bearbeitung durch Filtersysteme. Darum steht auch die Marke Perrier unter Beobachtung.

Die Genehmigung zur Nutzung der Quelle als «Natürliches Mineralwasser» steht infrage. Von staatlich beauftragten Hydrogeologen kam bereits ein negatives Urteil. Die zuständige Präfektur will bis im August entscheiden und forderte Nestlé auf, die Mikrofiltration binnen zwei Monaten zu stoppen.

Für die Menschen in Vergèze wäre das eine Erleichterung. Sie wollen ihr Perrier behalten.

Rendez-vous, 13.06.2025, 12:30 Uhr

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