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Neue Koalition in Italien Die Regierung der EU-Kritiker

Erstmals wird ein grosser europäischer Staat, ein Gründungsland der EU, ausschliesslich von Parteien regiert, die der Europäischen Union kritisch gegenüberstehen. Sowohl die Fünf-Sterne-Bewegung als auch die Lega liebäugelten schon damit, das Volk über den Verbleib in der Euro-Zone abstimmen zu lassen.

Lega-Chef Matteo Salvini bezeichnete den Euro unlängst wieder als «verkehrtes Experiment». Mit einer Regierung aus Lega und Fünf Sterne werden zudem die EU-skeptischen Regierungsparteien Polens, Ungarns oder Österreichs gestärkt.

Harte Konfrontation mit Brüssel programmiert

In Rom finden damit jene Parteien zusammen, die im Wahlkampf maximale Versprechungen gemacht hatten: das Rentenalter 67 senken, die Sozialhilfe ausbauen und gleichzeitig die Steuern massiv reduzieren. Auf diese Worte müssen nun Taten folgen. Das wird schwierig. Denn Italien hat sich gegenüber Brüssel zu einem Sparkurs verpflichtet.

Italiens Wirtschaft wächst derzeit nur bescheiden. Deshalb ist es in den letzten Jahren kaum gelungen, den enormen Schuldenberg abzubauen. Sollte die neue Regierung ihre teuren Versprechungen über zusätzliche Schulden finanzieren wollen, ist eine harte Konfrontation mit Brüssel programmiert. Viele befürchten, dies könnte zu einer neuen und gefährlichen Euro-Krise führen.

Oppositionspartei bleibt gelähmt

Dabei ist das Fundament dieser Regierung schmal. Nur schon die Einigung auf den Premierminister, auf den bisher völlig unbekannten Rechtsprofessor Giuseppe Conte, war ein äusserst mühsames Unterfangen. Es zeugt vom labilen Gleichgewicht zwischen den beiden Koalitionsparteien.

Und in der kleinen Parlamentskammer, im Senat, ist die Mehrheit von Fünf Sterne und Lega äusserst dünn. Wenn nur schon sechs Senatoren der Koalition anderer Meinung sind, verliert sie ihre Mehrheit.

Die grösste Oppositionspartei ist nun der Partito Democratico . Bisher allerdings waren die Sozialdemokraten ausschliesslich mit der Frage beschäftigt, ob der glücklose Regierungschef Matteo Renzi die Geschicke der Partei weiter bestimmen soll, oder ob dessen Zeit nun abgelaufen ist. Dieser Entscheid steht weiter aus – und so bleibt die grösste Oppositionskraft gelähmt.

Franco Battel

Italienkorrespondent

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Franco Battel ist seit 2024 wieder Italienkorrespondent bei Radio SRF. Zuvor war er Auslandredaktor. Bereits von 2015 bis 2021 berichtete Battel als Korrespondent für Italien und den Vatikan aus Rom. Zuvor war er als Auslandredaktor für Mexiko, Zentralamerika, Kuba und Liechtenstein verantwortlich.

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