Die Ausgangslage: Immer mehr Touristen wollen auf den Mount Everest in Nepal. Die Bilder der Menschenschlangen, die sich auf dem Weg nach oben aufgrund der hohen Anzahl der Expeditionsteilnehmenden bilden, sind längst viral gegangen. Mit dem Übertourismus kommen auch weitere Probleme hinzu: Viele Menschen hinterlassen etwa auch viel Müll. Nun will Nepal die Zügel anziehen.
Der Lösungsansatz: Zurzeit liegt im nepalesischen Parlament ein Gesetzentwurf vor, wonach Kletterer künftig nachweisen müssen, dass sie früher schon einen Berg in Nepal über 7000 Meter erfolgreich bestiegen haben, bevor sie die Zulassung für den Everest erhalten. Ob das neue Gesetz verabschiedet wird, gilt als unklar. Bereits länger klar ist, dass die Regierung Nepals die Genehmigungsgebühren zur Everest-Besteigung für ausländische Bergsteiger ab September kräftig anheben will. Die amtliche Gebühr von 11'000 Dollar, die derzeit für den Aufstieg über die sogenannte Südroute in der Hauptsaison anfällt, erhöht sich dann auf 15'000 Dollar.
Die Einschätzung: Frank Senn ist Dokumentarfilmer und hat die Himalaya-Region schon über zehn Mal besucht. Für ihn machen die strengeren Regeln Sinn. «Das Expeditionsklettern ist einfach anders als das Klettern hier», sagt er. Gehe man auf Expedition, seien das zwei bis drei Wochen, oder gar länger. Am Everest sind es acht Wochen. «Es geht darum, dass man es aushalten muss, dass das Wetter wechselt, es hoch- und wieder runtergeht, ob man die Höhe verträgt. Man muss mit seinen Ängsten umgehen können», so Senn. Das seien die absoluten Grundlagen, denn ab 7000 Metern beginne die Todeszone und dann werde es wirklich gefährlich.
Die Kritik: Für nepalesische Agenturen bietet sich die Möglichkeit, doppelt Geld zu verdienen, denn, wer auf den Everest will, muss zuvor einen nepalesischen 7000er bestiegen haben. Sie hätten dadurch einen Vorteil, sagt Senn. «Es gibt die Tendenz, dass Nepalesen immer mehr übernehmen, was durchaus Sinn machen kann. Andererseits werden westliche Agenturen ausgegrenzt.» Diese monierten nun, dass der 7000er auch in einem anderen Land bestiegen werden könnte.
Die Krux: Mehr Arbeit für die Nepalesen bedeutet auch, dass diese mehr Arbeiter stellen müssen können. Es braucht dann auch mehr Sherpas, die den Touristen mit dem Gepäck helfen. Kann Nepal das stemmen? «Ich glaube, es gibt immer mehr gut ausgebildete Sherpas. Auch die grossen Expeditionsagenturen, mit denen wir gesprochen haben, haben inzwischen ein sehr gutes Niveau erreicht.» Aber: «Ist es in den letzten Jahren zu Todesfällen am Mount Everest gekommen, waren diese Leute immer mit nepalesischen Agenturen unterwegs», sagt Senn. «Ich bin nicht sicher, ob es wirklich genug so gut ausgebildete Leute hat, die die Sicherheit garantieren können.»
Die Fehlzündung: Nepal bereitet sich in diesem Frühjahr auf besonders viele Bergsteiger am Mount Everest vor. Die Zahl der Genehmigungen zur Besteigung des höchsten Bergs der Erde liegt vor dem gewöhnlich grössten Gipfelandrang Anfang Mai bereits höher als im vergangenen Jahr. Das geht aus den Zahlen der Tourismusabteilung des Ministeriums für Tourismus, Kultur und zivile Luftfahrt hervor. Bis Anfang dieser Woche wurde demnach die Genehmigung für 427 Anträge aus 52 Ländern erteilt – nach insgesamt 421 im vergangenen Jahr. Der Grund für den Anstieg seien nicht nur die individuellen Zeitpläne, sagte Mingma Sherpa vom privaten Tourveranstalter Seven Summit Treks. Auch die geplante Erhöhung der Zulassungsgebühr spiele eine Rolle.