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Italien: Entscheidender Schritt weiter bei Regierungsbildung
Aus Rendez-vous vom 17.05.2018. Bild: Keystone
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Neue Regierung in Sicht? Ein Wunschzettel für Italien

Fünf Sterne und Lega präsentieren einen Koalitionsvertrag. Für Korrespondent Battel gibt es aber noch Stolpersteine.

Seit den Wahlen vom 4. März ringen in Italien die Wahlsieger – die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega – um die Bildung einer Regierung. Nun ist man offenbar einen entscheidenden Schritt weiter. Wie italienische Medien berichten, haben sich die beiden Parteien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.

Darin ist alles enthalten, was sie im Wahlkampf versprochen hatten: Tiefere Steuern durch die Einführung einer Flat-Tax, ein flexibleres und damit tieferes Rentenalter – heute gilt 67 – oder ein «Reddito di cittadinanza», ein sogenanntes Bürgergeld für Arbeitslose.

Noch gibt es aber zahlreiche Stolpersteine, bis die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen kann, wie SRF-Korrespondent Franco Battel erläutert.

Franco Battel

Franco Battel

Italienkorrespondent

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Franco Battel ist seit 2024 wieder Italienkorrespondent bei Radio SRF. Zuvor war er Auslandredaktor. Bereits von 2015 bis 2021 berichtete Battel als Korrespondent für Italien und den Vatikan aus Rom. Zuvor war er als Auslandredaktor für Mexiko, Zentralamerika, Kuba und Liechtenstein verantwortlich.

SRF News: Das Regierungsprogramm würde den italienischen Staat zig Milliarden kosten. Wie realistisch ist dieser Koalitionsvertrag?

Franco Battel: Noch sind keine Details bekannt. So weiss man zum Beispiel nicht, wie lange ein Arbeitsloser in den Genuss des Bürgergelds kommen soll. Doch die Kosten des Programms könnten sich durchaus auf 100 Milliarden Euro pro Jahr belaufen. Die beiden Parteien nennen das nun vorliegende Papier zwar einen Koalitionsvertrag, in Wahrheit handelt es sich eher um einen Wunschzettel. Es muss sich erst noch weisen, was davon umgesetzt werden kann.

Di Maio umringt von Journalisten mit Kameras.
Legende: Lega-Chef Luigi di Maio (Bild) möchte Ministerpräsident werden – doch das möchte Lega-Chef Salvini auch. Keystone
Sie nennen es zwar einen Koalitionsvertrag, in Wahrheit handelt es sich eher um einen Wunschzettel.

Ebenfalls durchgesickert ist, dass man vom Ausstieg aus dem Euro offenbar Abstand nimmt. Warum?

In den letzten Monaten hat die Fünf-Sterne-Bewegung ihre Meinung zum Euro verschiedentlich geändert, wogegen die Lega in ihrer Kritik am Euro viel konsequenter ist. Nun scheint sich aber die Fünf-Sterne-Bewegung durchgesetzt zu haben – wobei man fragen muss, für wie lange. Allerdings zeigen Umfragen bei den Italienerinnen und Italienern deutlich, dass sie im Euro bleiben und nicht zur Lira zurückkehren möchten.

Ein mühsam konstruierter Kompromiss, bei dem beide Parteien ihr Gesicht wahren können.

Welche Handschrift trägt der Koalitionsvertrag: Jene des Movimento Cinque Stelle oder jene der Lega?

Was bis jetzt durchgesickert ist, ist ein mühsam konstruierter Kompromiss der beiden Parteien. Beide können ihr Gesicht wahren, indem alle ihre Hauptforderungen in das Papier aufgenommen worden sind.

Salvini passiert einen Gardesoldaten.
Legende: Auch Lega-Chef Salvini möchte gerne Premier werden. Deshalb muss ein Kompromisskandidat her. Wer das sein könnte, ist unklar. Reuters

In den vergangenen Tagen kursierten noch ganz andere Ideen, etwa was einen Schuldenerlass durch die Europäische Zentralbank betrifft. Wie verlässlich ist der Kompromiss, der jetzt auf dem Tisch liegt?

Dem Vernehmen nach wird jetzt nur noch an den Details gefeilt. Doch die Entwicklung der letzten Tage zeigt, wie unberechenbar die Politik der beiden Parteien ist, und wie schnell sich alles wieder ändern kann. So stand vor drei Tagen noch in einem Koalitionsentwurf, dass man aus dem Euro austreten wolle oder zumindest einen Weg dazu definieren möchte.

Als Premier muss ein Kompromisskandidat gefunden werden – daran könnte die Koalition noch scheitern.

Ungelöst ist immer noch die Frage, wer Italiens neuer Premierminister wird. Wo steht man da?

Da hat man sich noch nicht geeinigt, die Verhandlungen laufen noch. Das Problem ist, dass beide Parteichefs – Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung und Matteo Salvini von der Lega – Premier werden wollen. Es muss also ein Kompromisskandidat gefunden werden – und daran könnte die Koalition tatsächlich noch scheitern. Schliesslich muss der Kandidat auch dem Staatspräsidenten Sergio Mattarella passen, denn dieser ernennt den neuen Ministerpräsidenten.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Keine deutlichen Mehrheiten

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Aus den Wahlen vom 3. März ging das Movimente Cinque Stelle mit mehr als 32 Prozent der Stimmen als stärkste Partei hervor. Die rechtspopulistische Lega kam auf rund 17 Prozent. Sie war eigentlich im Mitte-Rechts-Bündnis zusammen mit Silvio Berlusconis Forza Italia zur Wahl angetreten. Letztere erhielt rund 14 Prozent der Stimmen. Das vor der letzten Wahl seit vier Jahren regierende Mitte-Links-Bündnis um den Partito Democatico erreichte nur mehr knapp 20 Prozent der Stimmen.

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