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Neuer Kalter Krieg im Norden Die Stimmung auf Spitzbergen war auch schon besser

Das von Norwegen verwaltete Spitzbergen gerät zunehmend in den Strudel des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Nicht nur in der Vergangenheit geschlossene Verträge werden infrage gestellt, auch die dort lebenden Menschen geraten unter Druck.

Gut 3000 Menschen leben in Spitzbergen auf einer Fläche von über 60'000 Quadratkilometern. Sie kommen aus über hundert verschiedenen Staaten. Heute dominieren die Forschung und der Tourismus das Leben im nördlichsten von Menschen bewohnten Gebiet der Welt.

Schlechtere Stimmung in Barentsburg

Von der Sowjetunion, die sich 1991 auflöste, bleibt auf Spitzbergen bis heute die Bergbaustadt Barentsburg, die hauptsächlich aus ukrainischen Mineuren und ihren Familien sowie russischen Verwaltungsangestellten besteht. Insgesamt sind es gut 500 Menschen.

Neutral, aber von Norwegen verwaltet

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Haus in Barentsburg.
Legende: Bruno Kaufmann/SRF

Als vor hundert Jahren im Völkerbund – der Vorreiterorganisation der UNO – der Spitzbergen-Vertrag unterzeichnet wurde, lockten vor allem die reichen Kohlevorkommen in den hohen Norden. Der Vertrag regelte, dass Spitzbergen ein neutrales und demilitarisiertes internationales Territorium unter der Verwaltung Norwegens ist. Zugleich steht es jedem Signatarstaat frei, auf Spitzbergen Siedlungen zu errichten. Zu den Unterzeichnerstaaten gehören auch Norwegen und die Sowjetunion.

«Wir haben über die Jahre hier auf der Insel enge Beziehungen zwischen den Siedlungen aufgebaut», sagt Vigdis Jensen, die seit zehn Jahren auf Spitzbergen lebt. Sie organisiert jedes Frühjahr das grosse Sonnenfest, das nach der fast vier Monate dauernden Polarnacht gefeiert wird.

Im Nachzug zum russischen Angriff auf die Ukraine sind nun aber die traditionell engen Beziehungen zwischen den russischen und norwegischen Siedlungen weitgehend eingefroren worden.

Moskau fordert Oslo heraus

Norwegen hat die Grenzkontrollen bei der Ein- und Ausreise von und nach Spitzbergen über den einzigen internationalen Flughafen in Longyearbyen verstärkt. Russland seinerseits stellt ein wichtiges Grenzabkommen mit Norwegen in der Barentssee infrage.

Dazu gehört der Transport von Nahrungsmitteln und anderen Versorgungsgütern aus Russland nach Barentsburg. Statt diese direkt per Schiff in die Hocharktis zu bringen, schickte Moskau Anfang Juli mehrere Sattelschlepper in Richtung Norwegen, um auf diesem Weg das auch von Norwegen verhängte Sanktionsregime herauszufordern.

Prompt blieben die Waren am Zoll in Nordnorwegen stecken, worauf Russland dies als Bruch des Spitzbergen-Abkommens bezeichnete. Erst der direkte Hilferuf der zunehmend isolierten Menschen in Barentsburg bewegte nun die russische Regierung dazu, ein Versorgungsschiff zu diesem Aussenposten zu schicken.

Was bedeutet da schon «neutral»?

Wie es nun mit den Beziehungen zwischen Norwegen und Russland in der Hocharktis weitergeht, ist laut Ronny Brunvoll, Leiter der lokalen Tourismusbehörde Visit Svalbard, völlig unklar: «Unser besonderer internationaler Status als neutrales und demilitarisiertes Territorium nützt uns im Moment wenig.»

Lenin-Büste vor einem Haus.
Legende: Die Spuren aus der Sowjetzeit sind in Barentsburg allgegenwärtig. Bruno Kaufmann/SRF

Tatsächlich ziehen jetzt noch mehr dunkle Wolken über dem Archipel unter dem Nordpol auf. So wird in der russischen Duma gegenwärtig ein Vorstoss diskutiert, der auf eine Kündigung des sogenannten «Grenzlinienabkommen» abzielt.

Strasse in Barentsburg.
Legende: Die Stimmung in Barentsburg ist seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine eher bedrückt. Bruno Kaufmann/SRF

Dieses wurde im Jahre 2010 nach über 40 Jahre dauernden Verhandlungen zwischen Moskau und Oslo geschlossen und regelt die Wirtschaftszonen zwischen den Nachbarstaaten zwischen Nordkapp und Nordpol.

Für Europa und die Arktis sind dies alles schlechte Nachrichten: Russlands Krieg in der Ukraine zieht immer weitere Kreise – und aus Moskau sind fast nur noch Stimmen zu hören, welche die Konfrontation mit Nachbarstaaten weit über die Ukraine hinaustragen wollen – bis hinauf zum Nordpol.

Rendez-vous vom 19.7.2022, 12:30 Uhr

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