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Neues Jahr, neues System Die Schweiz verknüpft den Emissionshandel mit der EU

Der Emissionshandel gilt als eines der wichtigsten Instrumente beim künftigen Klimaschutz. Umweltverbände sehen die Verknüpfung zweier Systeme kritisch.

Am 1. Januar werden die Emissionshandelssysteme der Schweiz und der EU verknüpft. Der Emissionshandel gilt als eines der wichtigsten Instrumente beim künftigen Klimaschutz. Wer wenig verbraucht profitiert, die andern zahlen drauf. So die Grundidee.

Gesamtmenge CO2 wird jährlich gesenkt

56 Werke nehmen in der Schweiz am Emissionshandel teil. Jedes Jahr wird festgelegt, wie viel CO2 im ganzen Jahr ausgestossen werden darf. In einer Prognose wird dann bestimmt, wie viel CO2 jedes Werk ausstossen darf. Wer Ende Jahr weniger CO2 produziert, kann die übrigen Emissionsrechte verkaufen, wer mehr CO2 emittiert, muss Emissionsrechte dazukaufen, um einer Sanktion zu entgehen. Jedes Jahr wird die Gesamtmenge CO2, die ausgestossen werden darf, ein wenig gesenkt.

Neu muss sich auch die Luftfahrt am Emissionshandel beteiligen. Die Zementwerke hingegen handeln schon jahrelang mit Emissionsrechten, ab dem 1. Januar auch in der EU.

Zementfabriken begrüssen Verknüpfung mit EU

Die Zementfabriken mit ihren Dreh-Öfen gehören zu den grössten Klimasündern der Schweiz. Kompensiert werden soll die Verschmutzung im Emissionshandel. Die Branche begrüsst die Verknüpfung der Handelssysteme.

«Sie schafft gleich lange Spiesse in der Klimapolitik für uns und die europäischen Konkurrenten», sagt Stefan Vannoni von Cemsuisse. «Diese Verknüpfung führt auch zu einem liquideren Markt.» Das schaffe Planungs- und Investitionssicherheit – und das sei für die Branche essenziell.

Minus und Minus wird nicht Plus

Kritisiert wird der Schritt von Umweltverbänden wie Greenpeace. Georg Klingler findet, zwei schlechte Systeme zu verbinden nütze nichts.

Die Preise müssen den Umbau der Industrie anreizen.
Autor: Georg Klingler Klima-Experte, Greenpeace

Er fordert höhere Preise, um eben wirklich den Umbau der Industrie anzureizen. Die Preise müssten bei etwa 100 Euro statt 20 Euro liegen. «Denn das sind die effektiven externen Kosten von CO2-Emissionen, sprich die Kosten, die wir als Gesellschaft tragen, wenn die Firmen diese nicht einpreisen.»

24 Euro für eine Tonne CO2

Wer CO2 ausstösst, muss dafür eine Abgabe zahlen oder nimmt am Emissionshandel teil. Die CO2-Abgabe liegt bei 96 Franken pro Tonne.

Werke, die sehr viel Treibhausgase ausstossen, können von der Abgabe befreit werden und nehmen stattdessen am Emissionshandel teil. Sie bekommen ein Kontingent an Emissionsrechten gratis. Bei weiteren Emissionen kostet die Tonne CO2 17 Franken und ab 1. Januar, wie in der EU, 24 Euro.

Die meisten Unternehmen haben einen Grossteil der Zertifikate umsonst bekommen.
Autor: Regina Betz Umwelt-Expertin, ZHAW

Für die Umwelt-Expertin Regina Betz beginnt das Problem bereits bei der Zuteilung der Emissionsrechte. Beim Emissionshandel hätten die meisten Unternehmen einen grossen Teil der Zertifikate umsonst bekommen. «Sie müssen also nur noch für die, die sie dazukaufen, Geld auf den Tisch legen. Und Preise sind auch viel niedriger.»

Klimapolitik vs. Marktwirtschaft

Stefan Vannoni vom Verband der Zementindustrie findet die Kritik am Preis nicht gerechtfertigt: «Die Anreize sind sehr gross, CO2-Emissionen weiter zu reduzieren».

Schafft man es nicht, bezahlt man den Preis.
Autor: Stefan Vannoni Cemsuisse

Man dürfe nicht vergessen, dass diese Emissionsrechte jedes Jahr abgegeben werden müssen, findet Vannoni. Insofern habe man also die Variante, entweder effizienter zu werden, diesen Preisen zu entgehen und den Kosten, die man tragen müsse – oder eben, wenn man es als Unternehmen noch nicht schaffe, diesen Preis zu bezahlen.

Die Frage ist nun, ob sich die europäische Klimapolitik noch auf den Emissionshandel auswirkt oder ob der Markt das Zepter übernimmt.

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