Die britische Regierung hat vor dem Obersten britischen Gericht eine herbe Niederlage erlitten. Migrantinnen und Migranten, die illegal nach Grossbritannien einwandern, dürfen nicht einfach nach Afrika ausgeschafft werden. Der ostafrikanische Staat Ruanda könne nicht garantieren, dass die Rechte der Asylbewerber wirklich gewahrt würden.
Die Abschiebung von Migrantinnen und Migranten nach Afrika gehört zu den grossen Wahlversprechen von Rishi Sunak. Doch mit Ruanda hat sich die britische Regierung für dieses Projekt das falsche Land ausgesucht. Ruanda habe in Sachen Menschenrechten einen ziemlich schlechten Ruf, erklärte heute der Vorsitzende Richter Lord Reed. «Verschiedentlich musste die britische Polizei sogar ruandische Staatsbürger und Regimekritiker in Grossbritannien warnen, dass die ruandische Regierung plant, sie zu eliminieren.»
Zweifel an Rechtsstaatlichkeit Ruandas
Im autokratischen Kleinstaat sei zudem nicht garantiert, dass die Justiz wirklich unabhängig von der Regierung funktioniere. Deshalb gebe es auch keine Garantie, dass Asylverfahren, die ins ostafrikanische Land ausgelagert würden, der britischen Rechtsnorm und den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen würden. Das Risiko, dass Asylbewerber in ein unsicheres Heimatland zurückgeschafft würden, sei nicht auszuschliessen.
Tiefschlag für Premierminister Rishi Sunak
Lord Reed betonte, dass es sich um ein juristisches Urteil handle. Die politische Debatte habe das fünfköpfige Richtergremium nicht interessiert. Trotzdem hat das Verdikt seismische, politische Auswirkungen. Der Kollaps dieses Prestigeprojekts der konservativen Regierung ist ein Tiefschlag für Premierminister Rishi Sunak.
Dieser ist mit dem Versprechen angetreten, die illegale Migration zu stoppen. In der Hoffnung, das Problem gegen Geld nach Afrika entsorgen zu können, hat die britische Regierung in den vergangenen zwei Jahren bereits umgerechnet knapp 200 Millionen Franken an das autokratische Regime von Präsident Paul Kagame in Kigali bezahlt.
Per Notgesetz zum sicheren Drittstaat
Trotz der Vorbehalte des Obersten Gerichts will der britische Premierminister jedoch an der Zusammenarbeit festhalten. Rishi Sunak will ein Notgesetz einführen, in dem Ruanda offiziell zum sicheren Drittstaat erklärt werden soll. Er werde dafür sorgen, dass künftig weder ein britisches noch ein fremdes Gericht die Ausschaffung von Migranten nach Ruanda verhindern könnten, erklärte Rihsi Sunak vor den Medien. Wie die britische Gesetzgebung und internationale Verpflichtungen «notrechtlich» kuratiert werden müssen, damit der politische Wille des britischen Premierministers umgesetzt werden kann, blieb heute offen.
Klar ist dagegen, dass es sich um eine Reverenz an die Hardliner der Konservativen Partei handelt, die am liebsten noch heute aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten möchten. Und entfernt an autoritäre Kleinstaaten in weiten Fernen erinnert, in denen sich die Regierung um die Entscheide der Justiz foutiert.