Die britische Regierung darf Asylsuchende vorerst nicht nach Ruanda abschieben. Das hat ein Berufungsgericht in London entschieden. Ruanda könne nicht als sicheres Drittland betrachtet werden.
«Das ist ein Erfolg für die Menschenrechtsorganisationen und jene Migrantinnen und Migranten, die ihre Fälle vor den Appellationshof gezogen haben», sagt SRF-Grossbritannien-Korrespondent Patrik Wülser.
Weiterzug noch möglich
Im Moment ist noch nicht definitiv entschieden, ob die britische Regierung diesen Entscheid respektiert oder ob sie ihn ans Obergericht weiterzieht. Kurz nach Bekanntwerden des Gerichtsentscheides kündigte Premierminister Rishi Sunak an, sich darum zu bemühen, dass der Entscheid weitergezogen werde.
«Was man festhalten kann: Mit dem heutigen Entscheid scheitert ein weiteres abenteuerliches Prestigeprojekt der britischen Regierung, um die illegale Migration in den Griff zu bekommen», so Wülser. Die illegale Migration über den Ärmelkanal zu stoppen, sei eines der fünf grossen Wahlversprechen von Premierminister Rishi Sunak gewesen.
Mit dem Vorgehen, Asylsuchende nach Ruanda abzuschieben, wollte die britische Regierung vor allem eines: Asylsuchende abschrecken. Letztes Jahr sind mehr als 45'000 Menschen mit kleinen Booten über den Atlantik gekommen. «Dieses Jahr sind es bereits gut als 11'000 Menschen», sagt SRF-Korrespondent Patrik Wülser.
Doch schon einige Innenminister und Innenministerinnen sind an der Aufgabe, die illegale Migration zu unterbinden, gescheitert. Es gab auch schon andere Pläne, um Menschen abzuschrecken: geschlossene Lager für Migrierte oder die Unterbringung auf Ölplattformen.
Asylantrag in Ruanda
Der Ruanda-Plan der konservativen Innenministerin Suella Braverman war, dass Menschen, die irregulär nach Grossbritannien eingereist waren, ohne Prüfung ihres Asylantrags und ungeachtet ihrer Herkunft, festgehalten und so schnell wie möglich nach Ruanda abgeschoben werden sollten. Dort sollten sie um Asyl ersuchen. Dass sie nach Grossbritannien zurückkehren, war nicht vorgesehen.
Mit der ruandischen Regierung in Kigali hat Grossbritannien eine entsprechende Abmachung geschlossen. Dafür wurde eine einmalige Zahlung von 140 Millionen Pfund an Ruanda vereinbart, die Kosten für die Ausschaffung wären zusätzlich dazugekommen.
Das Vorhaben von Braverman und Premierminister Rishi Sunak ist international harsch kritisiert worden: Die Regierung in Ruanda wird wegen Verstössen gegen die Menschenrechte von Bürgerrechtsvertretenden immer wieder kritisiert. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einen derartigen Ausschaffungsflug in letzter Minute gestoppt.
Asylsuchende kommen trotz Brexit
Vor dem Austritt aus der EU war den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern aus konservativen Kreisen versprochen worden, dass mit dem Brexit die illegale Migration nach Grossbritannien zurückgehen werde. Das ist jedoch nicht eingetroffen.
Seit dem Brexit hat Grossbritannien kein Rücknahmeabkommen mehr mit der EU. Kapazitäten zur Aufnahme von Migrantinnen und Migranten hat das Land keine aufgebaut. Die Folge davon: Zahlreiche Migrantinnen und Migranten sind in Hotels untergebracht, was hohe Kosten verursacht. Diese werden von den Steuerzahlenden getragen.