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«Schlechtes Essen, Mobbing, Suizide»: Südkoreas Armee im Fokus
Aus News Plus vom 13.12.2022. Bild: Keystone/AP/Ahn Young-joon
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Nordkoreas Provokationen Wie stark ist die südkoreanische Armee?

Oft provoziert Nordkorea mit Raketentests seinen südlichen Nachbarn. Könnte Südkorea sich wehren?

Wie stark ist die südkoreanische Armee? «Sehr stark, gut ausgerüstet und ausgebildet», sagt Elisabeth Suh, Korea-Kennerin und Forscherin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik – einem unabhängigen Thinktank in Berlin. Das relativ reiche Südkorea habe seit Jahrzehnten viel investiert. Entsprechend könne er auch viel Geld in die Verteidigung und vor allem in die neusten Waffensysteme investieren. Zudem ist Südkorea ein Verbündeter der USA und deshalb durch die amerikanische nukleare Abschreckung geschützt.

Elisabeth Suh

Elisabeth Suh

Korea-Expertin

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Elisabeth Suh (@SuhBetty) arbeitet als Forscherin seit Juni 2020 beim unabhängigen Thinktank Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik im Programm Sicherheit und Verteidigung. Zu ihren Fachgebieten gehören unter anderem die nukleare Nichtverbreitung und Aufrüstungs- und Sicherheitsfragen in der Region Asien-Pazifik. Zudem schreibt sie gerade ihre Doktorarbeit an der Universität Hamburg und analysiert in ihrer Dissertation Nordkoreas atomare Bewaffnung.

Wer ist stärker, Nord- oder Südkorea? Nordkorea hat etwas mehr als eine Million aktive Soldaten, welche durchschnittlich acht Jahre in der Wehrdienstpflicht stehen. Der südliche Nachbar kann weniger als die Hälfte, also rund eine halbe Million aktive Soldaten, vorweisen und sie müssen nur etwa zwei Jahre dienen. Des Weiteren besitzt das Land des Diktators Kim Jong-un Nuklearwaffen. Zwar habe Südkorea weniger Soldaten und keine Nuklearwaffen, aber sowohl bei konventionellen als auch bei Hightech-Waffensystemen die bessere Ausrüstung. «Ich würde Südkorea noch als stärkere Kraft bezeichnen», sagt Suh.

Zahlen und Fakten zur Armee Südkoreas

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Südkoreas Militär liegt laut dem Statistikportal Global Fire Power auf Platz sechs. 1.13 Millionen Angehörige hat die Armee, davon sind etwa die Hälfte aktiv. Das Budget 2021 betrug 50 Milliarden Dollar. Damit gehört Südkorea in die Top-10 der Länder mit den meisten Rüstungsausgaben pro Person, wie die Zahlen des Friedensforschungsinstitutes Sipri zeigen.

Welche Bedeutung hat das südkoreanische Militär in der Bevölkerung? Südkorea fühlt sich gemäss Suh wegen der ständigen Raketentests Nordkoreas bedroht. Deshalb spielten Themen wie nationale Verteidigung, Sicherheit und Militär eine «grosse politische und gesellschaftliche Rolle». Es sei auch Teil des Männerbilds in Südkorea.

Was wird an der südkoreanischen Armee kritisiert? Die Armee Südkoreas gilt nicht als vorbildlich im Umgang mit seinen Wehrpflichtigen. «Seit Jahren, und auch heute noch, gibt es viele Skandale. Die Wehrpflichtigen werden nicht gut behandelt, haben einen belastenden Alltag und es gibt soziale Probleme wie Mobbing. Man hört auch von vereinzelten Suiziden», sagt Suh. Es gebe Reformen, auch unter dem jetzigen Präsidenten Yoon Suk-yeol, um das Leben der Wehrpflichtigen zu verbessern. Aber es sei noch einiges zu machen.

Darum geht es den Militärangehörigen schlecht

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Elisabeth Suh vermutet, dass Südkoreas Armee die Prioritäten anders setzt: mehr Geld in die «richtigen» Soldaten, in deren Ausrüstung und in die neusten Technologien wie die teils selbst entwickelten und teuren Hightech-Raketensysteme. Militärdienstleistende haben nicht oberste Priorität im Verteidigungsbudget, weshalb nicht mehr für Unterbringung, Essen und Verpflegung ausgegeben wird. «Das ist der politischen Realität geschuldet», so Suh.

Ein weltberühmter Pop-Star wurde neulich rekrutiert. Was erwartet ihn im südkoreanischen Militärdienst? Kim Seok-jin, oder nur Jin, ist Mitglied der weltberühmten Boygroup BTS und ist von der südkoreanischen Armee eingezogen worden. Der 30-jährige Superstar sei in einer Baracke, wo er ein Grundlagentraining für fünf Wochen absolviere, erklärt die Korea-Kennerin. Er sei relativ nah – etwa 20 Kilometer – an der nordkoreanischen Grenze stationiert. Ob er an die Grenze zu Nordkorea geschickt wird, ist noch unklar. Das wird sich nach dem Grundlagentraining zeigen. Denn dann wird er an einen anderen Ort untergebracht, wo er die restlichen 18 bis 21 Monate verweilen wird.

Darum konnte sich Jin dem Militärdienst nicht entziehen

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Legende: Jin zeigt sich mit frisch rasiertem Schädel auf der K-Pop-Social-Media-Plattform Weverse. Das Foto wurde am 11. Dezember, vor seiner bevorstehenden Einberufung hochgeladen. Weverse

«Grundsätzlich kann sich kein südkoreanischer Mann dem Militärdienst entziehen», sagt Korea-Kennerin Suh. Natürlich habe es in der Vergangenheit immer wieder Ausnahmen gegeben, unter anderem auch für sehr bekannte Stars oder Politiker. Aber das werde in der Bevölkerung nicht gutgeheissen. «Es hätte einen Aufschrei gegeben, wenn BTS von der Militärdienstpflicht ausgenommen werden würde», sagt Suh.

Die weltweit bekannte Boygroup hat sieben Mitglieder, alle zwischen 25 und 30 Jahre alt. Sie singen über typische Jugendanliegen wie Schuldprobleme, Selbstfindung und das Erwachsenwerden. BTS ist mit 20 Millionen verkauften Alben die erfolgreichste koreanische Band aller Zeiten.

Die Boygroup war auch die erste koreanische Band, die es auf Platz 1 der Albumcharts in den USA geschafft hat. Seit den Beatles hat niemand in so kurzer Zeit so viele Nummer-eins-Alben herausgegeben. Ausserdem hat BTS in den US-Singlecharts innert zehn Monaten fünfmal einen Nummer-eins-Hit gehabt. Damit haben sie den Rekord vom «King of Pop» Michael Jackson von 1988 eingestellt.

Was hat die Schweiz mit der südkoreanischen Armee zu tun? Südkorea befindet sich formell seit über 70 Jahren mit Nordkorea im Krieg. Statt eines Friedensvertrags gilt ein Waffenstillstand seit 1953. Um diesen zu überwachen, bildet die Schweiz zusammen mit Schweden eine neutrale Überwachungsmission. Offiziere – davon fünf aus der Schweiz – sind unbewaffnet und als neutrale Beobachter vor Ort. Sie behalten Militärübungen im Auge und untersuchen, wenn der Waffenstillstand verletzt wird.

Nordkorea anerkennt Mission nicht mehr

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Früher war die Mission noch grösser und auch in Nordkorea waren Leute aus Polen und der ehemaligen Tschechoslowakei stationiert. Die Mission basiert nämlich auf dem Waffenstillstandsabkommen von 1953. Nordkorea hat sich aber schrittweise davon verabschiedet und anerkennt die Mission offiziell nicht mehr. Für die Schweiz war der Einsatz in Korea in den 1950er-Jahren die Geburtsstunde der militärischen Friedenssicherung, wie der Bund auf seiner Webseite schreibt.

SRF 4 News, 13.12.2022, 17:14 Uhr;

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