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«NSU 2.0»-Gruppe in Hessen Wirbel um braune Polizisten zieht weitere Kreise

Sechs Polizisten wurden wegen möglicher Nähe zum Rechtsextremismus suspendiert. Das könnte erst der Anfang sein.

Gibt es bei der Polizei im deutschen Bundesland Hessen weitere rechtsextreme Polizisten? Diese Frage versuchen derzeit die zuständigen Behörden zu klären. Was bekannt ist: Mehrere Polizisten sind vom Dienst suspendiert – sie sollen rechtsextreme Chat-Nachrichten ausgetauscht haben.

Für Schlagzeilen sorgen aber auch zwei anonyme Schreiben, die einer türkischstämmigen Frankfurter Anwältin geschickt wurden. Darin wird Seda Basay-Yildiz massiv verbal angegriffen. Schon im August letzten Jahres erhielt sie ein erstes Droh-Fax. Darin wurde etwa ihre zweijährige Tochter erwähnt.

Zschäpe im Gerichtssal.
Legende: Im Juli 2018 war die Hauptangeklagte Beate Zschäpe im NSU-Prozess wegen zehnfachen Mordes und weiterer Verbrechen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Reuters

Der oder die Absender konnten sich offensichtlich Informationen über private Daten der Anwältin verschaffen. Die Ermittlungen zeigten, dass eine Frankfurter Polizeibeamtin im Vorfeld der Drohungen das interne Melderegister abgefragt hatte.

Schliesslich stiess die Polizei auf eine Whatsapp-Chatgruppe weiterer Polizisten mit eindeutig brauner Gesinnung. Dort wurden rassistische Parolen, Hitler-Bilder und ähnliches ausgetauscht. Womöglich unterhalte das Netzwerk auch Kontakte ins rechtsextreme Milieu, berichtet der Journalist Frank Jansen.

Im Dezember schickten mutmassliche Rechtsextremisten ein zweites Droh-Fax an die Anwältin, ebenfalls unterschrieben mit «NSU-2.0».

Ein weiteres Netzwerk bereitet sich offenbar auf einen Tag X vor, an dem es politische Gegner umbringen will.
Autor: Frank Jansen Journalist

Rechtsextremismus-Experte Jansen gibt ein Muster der geschmacklosen Drohungen: «Dir hirntotem Scheissdöner ist offensichtlich nicht bewusst, was du unserem Polizeikollegen angetan hast.»

Frank Jansen

Journalist

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Frank Jansen ist Journalist beim Berliner «Tagesspiegel» und dort Experte für Rechtsextremismus.

Weiter werden in dem Fax die Eltern und der Ehemann der Frau erwähnt. «Offenbar hat wieder jemand bei der Frankfurter Polizei in den Computer geschaut», schliesst Jansen. Demnach könnten noch mehr als die bislang sechs suspendierten Polizisten involviert sein.

Vorbereitungen für den Tag X

Die zuständige Staatsanwaltschaft informiert zurückhaltend über den Ermittlungsstand. Deutsche Medien haben derweil in Erfahrung gebracht, dass es auch ausserhalb Frankfurts Fälle mutmasslich rechtsextremer Polizeibeamter gibt.

KSK-Sodlat
Legende: Laut Medienberichten vom letzten Dezember haben sich deutsche Soldaten zu einer «Schattenarmee» zusammengeschlossen. Die deutsche Politik fordert Aufklärung. Reuters

Ob es sich um Einzelfälle oder um ein geschlossenes Netzwerk handelt, bleibt derzeit Spekulation. «Ebenso unklar ist, ob die Polizisten in Verbindung zum sogenannten ‹Hannibal-Netzwerk› stehen», so der deutsche Journalist.

Dabei handelt es sich offenbar um eine Gruppe von Polizisten und Soldaten der Elitetruppe KSK: «Diese bereitet sich offenbar auf einen Tag X vor, an dem sie politische Gegner umbringen wollen.»

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