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Oppositionelle News im Netz Maduros Erzfeind sitzt hinter einem Computer

Ein venezolanischer Ex-Offizier lehrt die Regierung von Nicolás Maduro in Venezuela derzeit von den USA aus das Fürchten.

Gustavo Díaz lebt als Flüchtling in den USA und arbeitet mittlerweile als Verkäufer in einem Baumarkt. In seiner Freizeit betreibt er die Webseite «dolartoday.com».

Die Artikel auf dem Internetportal haben Titel wie «Zeit, die Diktatur zu beenden» oder «So schlecht ist es um die Straflosigkeit in Venezuela bestellt». Wie es das Motto der Webseite «Noticias y dólar paralelo» verspricht, werden hier oppositionelle Nachrichten gemeinsam mit dem aktuellen Schwarzmarktkurs des Dollars serviert.

Der Kurs ist ein Mittelwert von Kaufangeboten aus den Sozialen Medien und Angaben von legalen und illegalen Wechselstuben in Venezuela und Kolumbien. Mit wenigen Klicks kann sich so jeder in Venezuela darüber informieren, wie viele amerikanische Dollar es auf dem Schwarzmarkt für den venezolanischen Bolívar gibt. Eine Information, die in Zeiten der Hyperinflation Gold wert ist.

Vom Sicherheitschef im Präsidentenpalast ...

Gustavo Díaz kümmert sich nachts, nach der Arbeit, mit zwei seiner Kollegen um das Internetportal. Er sagt: «Unser grösstes Ziel ist kämpfen! Für die Demokratie, die Freiheit und die Menschenrechte; weg kommen von Tyrannei und Diktatur.»

Unser grösstes Ziel ist kämpfen! Für die Demokratie, die Freiheit und die Menschenrechte.
Autor: Gustavo Díaz Gründer von dolartoday.com

Auch Díaz' Kollegen sind Flüchtlinge aus Venezuela. Die Texte des Nachrichtenteils kommen aus der ganzen Welt, sagt Díaz. Der 60-Jährige war nicht immer Internet-Rebell. In Venezuela war er Offizier im Militär. 2002 beteiligte er sich am zunächst erfolgreichen Putsch gegen Maduros Vorgänger, Hugo Chávez. Auf der Seite der Putschisten übernahm Díaz eines der höchsten Ämter des Landes: Er wurde Sicherheitschef im Präsidentenpalast Miraflores. Doch Chávez kam wieder an die Macht. Für Díaz und seine Familie hatte das schwerwiegende Folgen.

«Der venezolanische Geheimdienst hat mir eine Bombe unters Auto gelegt. Deshalb musste ich aus Venezuela fliehen. Sie haben meinen erst neunjährigen Sohn bedroht.» Díaz floh in die USA und baute sich ein neues Leben auf.

... zum arbeitslosen Kammerjäger in den USA

Das war eine gigantische Umstellung für ihn: «Ich hatte eine sehr erfolgreiche Karriere beim Militär. Ich habe meinen Sohn wegen den Drohungen aus Venezuela raus geholt und einen Job als Kammerjäger angenommen. Dort hatte ich mit Schlangen und Waschbären zu tun – allen möglichen Tieren. Dann war ich zwei Jahre lang arbeitslos, bevor ich bei ‹Home Depot› anfangen konnte.»

Screenshot dolartoday.com
Legende: Díaz' Seite veröffentlicht täglich den Wechselkurs des venezolanischen Bolívar zum US-Dollar. dolartoday.com/Screenshot

Statt mit der Waffe kämpft er jetzt mit einer Webseite gegen das Regime von Chávez' Nachfolger, Nicólas Maduro. Sein Portal erreicht viele: 800'000 Besucher hat die Seite laut Google täglich, rund 2,6 Millionen Follower der Twitter Account. Die App gehört zu den am häufigsten heruntergeladenen von ganz Venezuela.

Díaz' Webseite ist zu einer der wichtigsten Referenzen geworden, wenn es um Schwarzmarkt-Geschäfte geht. Und Díaz wird immer bekannter: Das «Wall Street Journal» schreibt, er sei der Erzfeind Maduros. Die venezolanische Notenbank klagte in den USA gegen das Portal, allerdings erfolglos. Auch gab es Hacker-Angriffe gegen das Portal, hinter denen Díaz die Regierung Maduro vermutet.

Sie haben versucht, uns zu blockieren und uns zu hacken. Sie sind gescheitert.
Autor: Gustavo Díaz Betreiber der oppositionellen Website

«Sie haben versucht, uns zu blockieren und zu hacken. Sie sind gescheitert. Wir haben es geschafft, die Seite zu retten und zu schützen. Und wir haben uns damit über die ganze in Venezuela herrschende Blockierung lustig gemacht.» Mittlerweile schützt Díaz seine Website mit einem ausgeklügelten System gegen Hacker.

So ist «dolartoday.com» weiter online. Und die Berechnung des Baumarkt-Verkäufers aus Alabama dient weiterhin als Referenz für alles, was es auf dem venezolanischen Schwarzmarkt zu kaufen gibt – von Reis und Mehl, über Aspirin, bis zu Autos. Ob es der Regierung Maduro in Venezuela passt oder nicht.

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