Finnland wählt am Sonntag ein neues Parlament. Ministerpräsident Juha Sipilä gab nach dem Scheitern seiner Gesundheitsreform überraschend den Rücktritt seines Mitte-rechts-Kabinetts bekannt. Laut Meinungsumfragen liegen die Oppositionsparteien – die Sozialdemokraten und die nationalistische «Finnen»-Partei – vorne.
«Sipilä wollte schon vor den Wahlen klarmachen, dass er sein grosses Wahlversprechen – die Gesundheitsreform – nicht zusammen mit der bisherigen konservativen Koalitionspartei schafft», sagt Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann. Er wolle sich mit dem vorzeitigen Rücktritt Freiraum verschaffen. «Aber viele Finninnen und Finnen finden, dass er jetzt vor der Verantwortung wegläuft.»
Zwar steht es um die finnische Wirtschaft besser und der Umgang mit dem schwierigen Nachbarn Russland hat sich unter der jetzigen Regierung verbessert. Trotzdem hält es Kaufmann für wahrscheinlich, dass die Wählerinnen und Wähler Sipilä und seine Zentrumspartei abstrafen werden. «Vielen ist bewusst, dass es an Voraussetzungen fehlt, damit die Bevölkerung in Zukunft einen guten Sozialstaat hat.» Doch die Reformen brauchten ihre Zeit: «Das ist keine Herausforderung für vier Jahre, sondern eben vielleicht für vierzig Jahre», so Kaufmann.
Die rechtspopulistische «Finnen»-Partei liegt in der Wählergunst weit vorne. Kaufmann beschreibt sie als «Auffangbecken für all jene, die sich gegen internationale Beteiligungen, die EU und gegen Minderheitenschutz aussprechen». So etwa jene Wählerinnen und Wähler, die sich gegen ein Schwedisch-Obligatorium einsetzen, oder diejenigen, welche Karelien wieder in finnischer Hand sehen möchten. Das Gebiet ging im Zweiten Weltkrieg an die Sowjetunion verloren und ist seit 1991 eine Republik innerhalb der Russischen Föderation.
Von der Oppositionspartei zur Koalitionspartei?
«Die Finnen» beteiligten sich erstmals 2015 als drittstärkste Partei an der Regierung. 2017 hat sie sich gespalten, ein Teil der Fraktion ist der neuen gemässigten Partei «Blaue Zukunft» beigetreten. «Nun ist die reine Oppositionspartei wieder auf dem Vormarsch. Es wird sich zeigen, ob diese bereit wäre, sich an einer Koalition zu beteiligen», so Kaufmann.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sind die Grünen in Finnland bereits seit längerem eine stabile Kraft auf dem politischen Parkett – es war denn auch die erste grüne Partei, die in einer nationalen Regierung vertreten war. Von der Sensibilisierung für die Klimaveränderung werden sie aber trotzdem profitieren können, denkt der SRF-Mitarbeiter.