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Parteikonsultationen in Rom Italien schiebt enorme Probleme vor sich her

Ab heute empfängt Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella Vertreter aller Parteien, um mit ihnen die Bildung einer Regierung zu beraten. Weil keine Partei oder Koalition eine Mehrheit hat, rechnet niemand mit einem schnellen Erfolg. Allerdings würde Italien bald eine stabile und handlungsfähige Regierung brauchen. Denn vor allem in der Wirtschaft stehen wichtige und auch schwierige Entscheide an.

Ein Problem ist sozusagen im Anflug: Alitalia wurde zwar vor kurzem vom Staat mit einer kräftigen Finanzspritze erneut gerettet, doch bisher hat die Airline sämtliches Geld jeweils schnell verbrannt. Alle Experten sagen, dass sich das Problem Alitalia nur lösen lasse, wenn die Airline rasch und massiv Personal abbaue.

Gleiches gilt für die italienischen Banken. Zwar haben die meisten in den letzten Monaten faule Kredite abgebaut, doch noch immer unterhalten sie zu viele Filialen und beschäftigen zu viel Personal. Monte dei Paschi, das schwarze Schaf der Bankenbranche, schreibt zudem weiter Milliardenverluste.

Alitalia und Monte dei Paschi überleben nur dank dem staatlichen Tropf. Damit sie nicht weitere Löcher in die Staatskasse reissen, müsste die Regierung schnell und energisch eingreifen.

Getrübter Blick in die Zukunft

Aber auch sonst ist der Ausblick durchzogen. Zwar wächst die italienische Industrieproduktion vor allem dank der Exporte. Doch dieses Wachstum reicht nicht aus. Rund 180'000 Stellen in Industrie und Gewerbe bestehen nur deshalb weiter, weil der Staat ganz oder teilweise für die Löhne aufkommt.

Die nächste italienische Regierung muss rasch entscheiden, ob sie dafür erneut Milliarden aufwenden will und überhaupt darf. Konflikte mit Brüssel und der Kommissarin für Wettbewerb scheinen programmiert zu sein.

Auch das wohl grösste Problem Italiens wird nicht ohne die EU zu lösen sein. Bisher hat die Europäische Zentralbank alles darangesetzt, die Zinsen der am höchsten verschuldeten EU-Staaten, vorab Italiens, tief zu halten. Doch die Politik der tiefen Zinsen verliert in der EU an Rückhalt. Höhere Schuldzinsen aber würden sofort weitere Milliardenlöcher in der italienischen Staatskasse verursachen.

Italien schiebt enorme Probleme vor sich her. Deutschland konnte sich eine monatelange Regierungsbildung leisten. In Italien sieht das anders aus.

Franco Battel

Italienkorrespondent

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Franco Battel ist seit 2024 wieder Italienkorrespondent bei Radio SRF. Zuvor war er Auslandredaktor. Bereits von 2015 bis 2021 berichtete Battel als Korrespondent für Italien und den Vatikan aus Rom. Zuvor war er als Auslandredaktor für Mexiko, Zentralamerika, Kuba und Liechtenstein verantwortlich.

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