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Pekings paradoxe Politik Selbsternannte Marxisten unerwünscht

In China bekommen begeisterte Mao-Anhänger und Marxisten die volle Härte der Regierung zu spüren. Ein Widerspruch?

«Wir werden immer auf der Seite des Vorsitzenden Mao stehen, und auf der Seite des Volkes»: In einem Video, das auf Chinas sozialen Netzwerken kursierte, feiern Studenten Mao Zedong. Das war am 25. Dezember – an Maos 125. Geburtstag. Es klingt wie eine offizielle patriotische Veranstaltung. Doch Chinas Behörden war sie ein Dorn im Auge.

Der Anführer der Marxismus-Gesellschaft an der Universität Peking wurde auf dem Weg zu den Feierlichkeiten von Beamten in zivil abgefangen und festgenommen. Ein anderer bekannter Student verschwand Tage nach der Veranstaltung. Später hiess es, er sei von der Universität geflogen.

Soldat vor Mao-Plakat.
Legende: Auch Mao berief sich auf den Marxismus. Nach 40 Jahren Reformpolitik pflegt Peking einen ambivalenten Umgang mit seinem Erbe. Reuters

Die Behörden gehen nicht das erste Mal hart gegen die Marxismus-Studenten vor. Letzten Sommer unterstützten junge Marxisten Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter im südchinesischen Guangdong.

Der Maoismus ist die grossartigste Ideologie in der 5000 Jahre alten chinesischen Geschichte.
Autor: Song Yangbiao Journalist und Blogger

Die Arbeiterinnen wollten sich gegen den Willen der Fabrik gewerkschaftlich organisieren. Junge Marxisten halfen den Arbeitern daraufhin mit Demonstrationen und unterrichteten sie in Marxismus. Die Behörden reagierten mit einer Verhaftungswelle.

Dabei sei China ja ein kommunistisches Land, sagt Song Yangbiao, Journalist und linker Blogger: «Ich bewundere die linken Genossen dieser jungen Generation sehr. Sie sind sehr mutig, opfern sich auf. Sie haben keine Angst vor dem Kampf gegen die Unterdrücker. Dieser Kampfgeist fehlt den meisten Menschen in dieser Gesellschaft.»

Maos schwieriges Erbe

Seit Maos Tod hat sich China stark gewandelt. Nach seiner kommunistischen Planwirtschaft übernahm Deng Xiaoping das Steuer und riss es herum. Er setzte auf Öffnung und Reformen – Chinas Wirtschaft wuchs rasant, in nur wenigen Jahrzehnten stieg das Land zur zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt auf. Doch nicht alle Chinesen profitierten gleichermassen vom Kapitalismus. Die rasante Aufholjagd sorgte für ein grosses Gefälle zwischen arm und reich.

Geht es nach Song Yangbiao sollte sich China wieder auf den Sozialismus unter Mao konzentrieren: «Der Maoismus ist die grossartigste Ideologie in der 5000 Jahre alten chinesischen Geschichte. Dank Mao wurde China von einem schwachen Land zu einer starken Nation.»

Die Grosse Halle des Volkes
Legende: Das heutige China tut sich schwer mit Maos Erbe. Vor einigen Wochen feierte die Regierung 40 Jahre Reform- und Öffnungspolitik. Maos 125. Geburtstag spielte kaum eine Rolle in der Öffentlichkeit. Reuters

Der Marxismus, auf den Mao sich berief, wird noch immer an Schulen und Universitäten unterrichtet. Ein völliger Widerspruch, sagt ein Student mit Nachnamen Li. Er interessiert sich für die jungen Marxisten, verfolgt Diskussionen in Chatgruppen: «Die Marxismus-Lektionen an der Universität sind sehr oberflächlich, die kann man leicht bestehen. Das reicht nicht, um die Mitschüler von diesen Ideen zu überzeugen.»

Wenn er mit Mitschülern über Marx reden wolle, zeigten diese kein Interesse. Die meisten würden die Marxismus-Lektionen als mühsam empfinden: «Diese Ideologie hat mit dem täglichen Leben überhaupt nichts zu tun. Die Professoren leben diese ja auch nicht.»

Einige Professoren schützen doch nicht die Interessen der Arbeiterklassen oder jene der Bauern. Wenn sich solche Leute als Linke bezeichnen, ist das ein Witz.
Autor: Song Yangbiao Journalist und Blogger

Dieser oberflächliche Umgang mit Marxismus und Maoismus stört auch Song Yangbiao: «Einige Professoren schützen doch nicht die Interessen der Arbeiterklassen oder jene der Bauern. Wenn sich solche Leute als Linke bezeichnen, ist das ein Witz.»

Die ursprüngliche Marxismus-Vereinigung der Universität Peking wurde inzwischen geschlossen. Die Schule hat eine neue eröffnet. Sie widmet sich der offiziellen Ideologie unter der aktuellen Regierung: «Xi Jinpings Theorie zu Sozialismus mit chinesischer Prägung in einer neuen Ära». Für selbsternannte Marxisten und Mao-Verehrer bleibt da wenig Platz.

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