Die Präsidenten von Nord- und Südkorea haben sich auf konkrete, und vor allem international überwachte Schritte zur nuklearen Abrüstung von Nordkorea verständigt. Doch folgen den Worten und Absichtserklärungen auch Taten? In den USA ist die Skepsis gross – sowohl in der Politik, in den Medien als auch bei Experten. Nur einer gibt sich geradezu enthusiastisch: Donald Trump.
Kaum aufgestanden, setzt der US-Präsident gleich mehrere Twitter-Botschaften zu Nordkorea ab. Kim Jong-un sei nun bereit, Raketentestgelände und Abschussrampen aufzugeben, steht darin, ohne Fragezeichen. Nun werde es keine Atom- und Raketentests mehr geben, schreibt Trump weiter, und: «Wir haben viel erreicht.» Er meint damit natürlich nicht zuletzt sich selber.
UNO-Botschafterin gegen Sanktionslockerung
Im US-Aussenministerium klingt es deutlich skeptischer. Sprecherin Heather Nauert sagte auf die positiven Nachrichten aus Pjöngjang in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, es handle sich um eine historische Gelegenheit für Kim, seine Versprechen auch einzuhalten. Nikki Haley, US-Botschafterin bei der UNO, betont, die scharfen Sanktionen dürften keinesfalls vorab gelockert werden.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Nordkorea Inspektoren ins Land lässt. Beim letzten Mal wurde das Atomprogramm trotzdem nicht gestoppt.
Noch ist unklar, ob Kim genau dies will, und ob er ausserdem einen Friedensvertrag und einen Nichtangriffspakt mit den USA als Voraussetzung für erste Schritte seinerseits fordert. Jedenfalls war auf dem Gipfeltreffen in Pjöngjang von Gegenleistungen Washingtons die Rede.
Sehr viele US-Experten trauen der Sache noch überhaupt nicht. Im Radiosender NPR äussert sich Harry Kazianis von der Denkfabrik «Center of National Interest» so: «Es wäre nicht das erste Mal, dass ein nordkoreanischer Führer Inspektoren ins Land lässt. Beim letzten Mal, unter Kims Vater, wurde das Atomprogramm trotzdem nicht gestoppt, sondern sogar noch ausgebaut.»
Beim Trump nahestehenden Sender «Fox News» hütet sich der Militärexperte und pensionierte Oberst David Hunt, dem US-Präsidenten in den Rücken zu fallen. Glauben könne man es aber erst, wenn unabhängige ausländische Experten tatsächlich Abrüstungsschritte bestätigten. Zudem sei die nukleare Abrüstung Nordkoreas eine Sache, die viele Jahre dauern werde.
Solange es für Trump gut aussieht, bezeichnet man es als gut.
Mehr oder minder deutlich wird zudem moniert, das Weisse Haus sei so sehr darauf erpicht, Trumps Nordkorea-Politik zu zelebrieren, dass man Versprechungen gleich für bare Münze nehme. Jung Pak, Nordkorea-Expertin bei der Denkfabrik «Brookings» und ehemalige CIA-Agentin, meint, solange es für Trump gut aussehe, bezeichne man es als gut. Sie und viele andere Beobachter glauben auch jetzt nicht, dass Pjöngjang ernsthaft bereit sei, sein Atomarsenal zu verschrotten.
Umstrittene Rolle des südkoreanischen Präsidenten
Kritisiert wird in den USA – zumindest hinter vorgehaltener Hand – auch Südkoreas Präsident Moon Jae-in, der nun vielerorts als Friedensstifter gepriesen wird. Eigentlich, so hört man, müsste sich Südkorea, das militärisch voll auf die Vereinigten Staaten angewiesen sei, als Alliierter verhalten.
Stattdessen habe Präsident Moon die Vermittlerrolle übernommen, positioniere sich also zwischen Washington und Pjöngjang. Doch auch diese Kritik ist von Trump selber vorläufig nicht zu hören. Neulich pries er seinen südkoreanischen Amtskollegen, den er zuvor überhaupt nicht mochte, in den höchsten Tönen. Fähig sei er, ein guter Mann. Er habe eine neue Perspektive in die Gespräche mit Nordkorea gebracht. Das mag durchaus sein.
Für Trump entscheidend und erfreulich ist aber vor allem, dass Moons Erfolg die monatelange Totalblockade in der US-Koreapolitik, die Absenz jeglicher Verhandlungsfortschritte seit Trumps Treffen mit Kim in Singapur, vergessen macht. Gerade jetzt, wenige Wochen vor den Zwischenwahlen, will der US-Präsident seine Nordkoreapolitik unbedingt als Erfolg verkaufen.