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Planetare Verteidigungsübung Asteroideneinschlag auf der Erde? Experten proben den Ernstfall

Es ist ein fiktives, aber realistisches Szenario: Am 19. April haben Wissenschaftler einen Asteroiden entdeckt, der für die Erde gefährlich werden könnte und geben ihm den Namen «2021 PDC». Er könnte einen Durchmesser von mehreren hundert Metern haben und am 20. Oktober 2021 die Erde treffen.

Das ist die Ausgangslage für die Online-Konferenz, die diese Woche unter der Schirmherrschaft von UNO, NASA und ESA stattfindet und einen Namen trägt wie aus einem Hollywood-Film: « Planetare Verteidigungsübung ». Daran beteiligt sind vor allem Astrophysiker und Astrophysikerinnen, aber auch Behördenvertreter und Kommunikationsfachleute.

Üben für den Ernstfall

An der Übung beteiligt ist auch Astrophysikerin Sabina Raducan von der Universität Bern. Sie sagt, es ginge primär darum, das Wissen von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachgebieten zusammenzubringen und einen Arbeitsablauf für einen möglichen Ernstfall durchzuspielen.

Sobald dieser eintrete, habe man keine Zeit mehr, Verfahrensfragen zu klären. Letztlich ginge es darum, eine globale Herausforderung rasch zu lösen. Vor zwei Jahren hätte auch niemand an eine Pandemie geglaubt, fügt Raducan an.

Im Laufe der Übungswoche erhalten die Fachleute immer neue Daten über den Asteroiden «2021 PDC». Sie müssen abschätzen, wie gross die Gefahr für die Erde ist, ob mit einem katastrophalen Einschlag zu rechnen ist und was man zur Schadensminderung tun könnte. Ob zum Beispiel Städte evakuiert werden müssen oder ganze Küstenstreifen, falls der Asteroid im Meer niedergeht und ein Tsunami droht.

Gefahr durch mittelgrosse Asteroiden

Grosse Asteroiden von mehreren hundert Metern Durchmesser oder grösser schlagen zum Glück nur sehr selten auf der Erde ein. Einen solchen Treffer, wie er den Dinosauriern zum Verhängnis wurde, gebe es vielleicht in Dutzenden von Millionen Jahren nur einmal, sagt der Asteroiden-Experte Fabio Ferrari von der Universität Bern.

Viel grösser sei aber die Chance, dass die Erde von einem kleineren Asteroiden mit einem Durchmesser von ein paar dutzend Metern getroffen werde. Das könne in 100 Jahren einmal vorkommen.

Ein Beispiel dafür ist der Asteroid, der 2013 über der russischen Stadt Tscheljabinsk niedergegangen ist. Er war laut Berechnungen etwa 20 Meter gross und setzte die Energie von 33 Hiroshima-Atombomben frei. Die Druckwelle richtete in der Region grossen Sachschaden an, Opfer waren aber keine zu beklagen.

Ein anderes Beispiel ist das mysteriöse Tunguska-Ereignis. 1908 ereigneten sich am sibirischen Himmel über dünn besiedeltem Gebiet mehrere gewaltige Explosionen. Dabei wurde auf einer Fläche von der Grösse des Kantons St. Gallen alle Bäume umgeknickt. Vermutet wird, dass der Grund für die Katastrophe ein Asteroid war.

Asteroiden beschiessen und ablenken

Doch wie könnte die Menschheit in Zukunft einen Asteroiden-Einschlag verhindern? Auch daran arbeitet die Wissenschaft. Mit den beiden Weltraummissionen DART und Hera, an welchen auch die Schweiz beteiligt ist, soll zum ersten Mal die Flugbahn eines Asteroiden abgelenkt werden.

Astrophysikerin Sabina Raducan, die am Projekt mitarbeitet, sagt, die Idee sei ganz einfach: Man schiesse quasi auf den Asteroiden und hoffe, so dessen Flugbahn zu verändern. Noch dieses Jahr wird die Sonde DART starten und dann einige Monate später wie ein Geschoss mit gut sechs Kilometern pro Sekunde auf dem Asteroiden einschlagen. Später wird die Sonde Hera ebenfalls zum Asteroiden fliegen und prüfen, wie sich der Einschlag ausgewirkt hat.

Tagesschau, 27.04.2021, 12:45 Uhr

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