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Plastikmüll ohne Ende Zyperns Strände als Müllkippe des östlichen Mittelmeers

Der Abfall aus den umliegenden Ländern bedroht die Meerestiere – und schliesslich auch die Menschen.

Darum geht es: Die Strände der Ferieninsel Zypern sind stark verschmutzt. Angeschwemmter Plastikmüll und Partikel von Mikroplastik verunzieren die einst traumhaften Küsten. Besonders betroffen ist der türkisch geprägte Nordteil der Insel. Die Folgen für Flora und Fauna sind verheerend. Laut einer Studie gehören die nordzyprischen Strände zu den am stärksten mit Plastik belasteten Küstenabschnitten der Welt.

Die Touristenstrände werden regelmässig gereinigt. Hier ist nichts von der Verschmutzung zu sehen.
Legende: Touristen sehen vom Plastikmüll wenig, denn die Hotelstrände auf Zypern werden regelmässig gereinigt. Imago

Deshalb Zypern: Der meiste angeschwemmte Müll an Zyperns Stränden stamme von den umliegenden Ländern Türkei, Libanon, Syrien oder Israel, sagt ARD-Korrespondentin Katharina Willinger, die kürzlich im betroffenen Gebiet war. «Zypern ist quasi die Auffangstation für den ganzen Müll im östlichen Mittelmeer.»

So sehen viele Strände aus: «Schon am ersten Strand, zu dem wir hingefahren sind, waren wir schockiert», sagt die Journalistin. «Der ganze Kiesstrand war voller Müll.» Der angeschwemmte Hausmüll wie leere Milchverpackungen, Käseaufstrich-Schalen oder Schuhe sei klar als aus Libanon, Syrien und Israel stammend erkennbar gewesen. «Es war ein katastrophales Bild.»

Faktisch geteiltes Zypern

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Zypern ist seit dem Einmarsch der türkischen Armee 1974 de facto in einen türkischen Norden und einen griechischen Süden geteilt. Völkerrechtlich wird der Norden aber nur von der Türkei anerkannt. Theoretisch ist die ganze Insel Zypern seit 2004 EU-Vollmitglied, faktisch ist sie aber weiterhin geteilt – die Behörden der Republik Zypern, welche von der EU anerkannt wird, üben im türkischen Norden keine Hoheitsgewalt aus. Die EU und die UNO verfolgen nach wie vor das Ziel, die Insel wieder zu vereinigen. Doch das wird von türkischer Seite wiederholt hintertrieben .

Deshalb ist das gefährlich: Das viele Plastik und Mikroplastik an den Stränden und im Meer rund um Zypern ist nicht bloss unschön für das menschliche Auge. «Das Mikroplastik wird von den Fischen aufgenommen – und die Menschen fangen und essen den Fisch», stellt Willinger fest. «Am Ende landet das schädliche Mikroplastik in unserem Körper.»

Das sind die Folgen für die Meerestiere: Das Plastik im Meer bedroht etwa die Meeresschildkröten. So verfangen sich vor allem Jungtiere sehr leicht in herumtreibenden Nylon-Netzen oder Plastik-Verpackungen. «Wegen dem vielen Plastik am Strand schaffen es viele frisch geschlüpfte Schildkröten nicht mehr bis ins Meer», so die Journalistin. Schon unter natürlichen Umständen erlebe bloss eine von Tausend geschlüpften Schildkröten das Erwachsenenalter – und wegen des Plastiks seien es jetzt wohl noch viel weniger.

Deshalb sehen Touristen kaum etwas vom Müll: Jene Strände, an denen die grossen Hotelanlagen stehen und die von den Touristen hauptsächlich besucht werden, werden regelmässig vom sichtbaren Müll gereinigt. «Betroffen von der Müllverschmutzung sind deshalb vor allem die unberührten Strände», so Willinger. Dort fühle sich oft niemand zuständig, sie zu reinigen. Bislang habe der Tourismus im Norden der Insel deshalb noch kaum unter der Verschmutzung gelitten. «Doch wenn das weiter derart zunimmt, hat das sicher Auswirkungen auf den Reiz der Insel.»

SRF 4 News, 06.08.2021, 06:50 Uhr ; 

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