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Politik sägt am Richterstuhl Italiens Richter sollen zum Psychotest antraben

Die Regierung will eine Eignungsprüfung der besonderen Art für Richterinnen und Staatsanwälte. Diese geben Contra.

Italien ist bekannt dafür, besonders viele Gesetze, Dekrete und Verordnungen zu erlassen. Und eben kam eine neue Vorschrift dazu: Italien hat beschlossen, künftige Richterinnen oder Staatsanwälte seien einem psychologischen Eignungstest zu unterziehen. Die Regierung Meloni will diese Tests, weil die Justiz über viel Macht verfüge.

Justiz spielt den Ball zurück

Nicola Gratteri ist ein erfahrener Mafia-Jäger. Der Staatsanwalt lebt seit Jahrzehnten unter Polizeischutz und verfügt, so ist zu vermuten, über eine solide psychische Postur.

Von Psychotests hält Gratteri rein gar nichts. Oder, wenn man sie dann unbedingt wolle, solle man doch bei den Politikern anfangen. Und, fügt der Staatsanwalt an, bei den Politikern mache man am besten grad auch noch einen Drogentest.

Gratteri ist bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Gleiches gilt für den Justizminister Carlo Nordio, der die Psychotests für Richter partout will. Nordio sagt an die Adresse Gratteris, seine Psyche sei bereits kontrolliert und zum Drogentest sei er bereit.

Nicola Gratteri im März 2023 in Neapel
Legende: Der Schlagabtausch zwischen Politik und Justiz hat in Italien Tradition. Mittendrin diesmal: Mafia-Jäger Nicola Gratteri. Getty Images/Ivan Romano

Spätestens seit Silvio Berlusconi Premierminister war, liefern sich Justiz und Politik häufig solche oder noch heftigere Scharmützel. Um das zu erklären, bleiben wir kurz bei Staatsanwalt Gratteri. Der hat sich schon als junger Staatsanwalt mit hohen Politikern angelegt.

Er zwang die gesamte Regionalregierung Kalabriens zum Rücktritt – wegen Korruption. Und Amtskollegen Gratteris machten Berlusconi wegen seiner Steuer- und Frauengeschichten jahrelang das Leben schwer. Darum ist das Verhältnis zwischen italienischen Politikern und der Justiz oft gereizt.

«Vendetta» der Politik?

Nun unternimmt die Regierung Meloni mit Justizminister Nordio den Versuch, die Justiz zu reformieren. Gesetze, die zu vielen Klagen, aber kaum je zu Urteilen führen, will Nordio kurzerhand kippen, zum Beispiel den Amtsmissbrauch. Oder er will den Staatsanwälten das Abhören der «telefonini», der Handys, erschweren. Und eben: Er will das angehende Justizpersonal psychisch durchleuchten.

Für viele riecht das nach «vendetta», nach Rache. Mafia-Jäger Gratteri stellt dazu eine Frage: «Wenn man uns Richter zum Psychologen schickt, warum denn nicht auch Manager von Staatsbetrieben oder Ärztinnen an staatlichen Spitälern?»

Die Rechtskoalition von Giorgia Meloni wird sich von solchen Fragen und Zweifeln kaum umstimmen lassen. Die Tests werden wohl kommen. Und der oberste Justizrat Italiens wird die Regeln für die Tests ausarbeiten. Diese werden sicher ausführlich und umständlich sein und Italiens schon jetzt üppige Sammlung an Verordnungen und Vorschriften weiter verlängern.

Echo der Zeit, 28.03.2024, 18 Uhr;kesm

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