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Polizei in Alarmbereitschaft Auseinandersetzungen am Jerusalem-Tag auf Tempelberg

  • Beim umstrittenen Flaggenmarsch in Jerusalem ist es am Sonntag auf dem Tempelberg zu Konfrontationen gekommen.
  • Palästinenser lieferten sich am Jerusalem-Tag Auseinandersetzungen mit jüdischen Besuchern.

Die Spannungen in Jerusalem waren schon vor dem Beginn des jährlichen Marsches um 16 Uhr hoch. Der Marsch führte vom Zentrum Jerusalems zur Klagemauer, der heiligen Gebetsstätte des Judentums. Der Marsch führt auch durch das muslimische Viertel der Jerusalemer Altstadt, was die Palästinenser als Provokation sehen.

Rund 2600 Juden besuchten den Angaben zufolge bis zum Nachmittag die heilige Stätte. Viele schwenkten israelische Flaggen und beteten, was ein Verstoss gegen die geltenden Regeln darstellt. Sie wurden von Sicherheitskräften vom Tempelberg abgeführt.

Israeli, darunter vor allem Jugendliche und Nationalisten, betraten die Altstadt durch das «Damaskustor», das in das muslimische Viertel führt. Davor kam es zu Zusammenstössen zwischen Palästinensern und israelischen Polizisten, wie ein Fotograf der AFP berichtete. Im muslimischen Viertel wurden Gegenstände auf die Marsch-Teilnehmer geworfen. Eine Drohne mit einer palästinensischen Flagge flog kurzzeitig über das «Damaskustor», bevor sie von der Polizei wieder auf den Boden gebracht wurde.

Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam nach Mekka und Medina. Aber auch für die Juden ist der Tempelberg heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Er steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten.

Demonstranten mit Flaggen.
Legende: Die Demonstranten mit israelischen Flaggen ziehen durch die Altstadt von Jerusalem. Keystone

Aus Sorge vor einer Eskalation ist Israels Polizei vor dem umstrittenen Flaggenmarsch in Jerusalem in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Rund 3000 Sicherheitskräfte haben den Marsch nationalistischer Israeli am Nachmittag abgesichert.

Schon Stunden zuvor war es in der Altstadt und auf dem Tempelberg zu Konfrontationen gekommen, wie die Polizei bestätigte. Es gab nach Polizeiangaben einige Festnahmen. In ganz Jerusalem wurden bei verschiedenen Zwischenfällen mindestens 40 Menschen verletzt, wie der Palästinensische Rote Halbmond berichtete.

Trotz der Drohungen der palästinensischen Hamas hatte Israels Premierminister Naftali Bennett grünes Licht für den Marsch gegeben. «Es ist natürlich, die israelische Flagge in der Hauptstadt Israels zu schwenken (...), aber ich bitte die Teilnehmer des Marsches, die Anweisungen der Polizei zu befolgen», sagte er am Sonntag, bevor er die Polizei aufforderte, «Null Toleranz für Extremisten» zu zeigen.

Jerusalem-Tag als Provokation

Der Marsch findet seit Jahrzehnten jährlich am Jerusalem-Tag statt. Dabei wird die Eroberung Ost-Jerusalems durch Israel während des Sechstagekrieges 1967 gefeiert. Die Palästinenser sehen den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt eines eigenen Staates.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte vor dem Marsch mit einer gewaltsamen Reaktion gedroht. Im vergangenen Jahr war der Flaggenmarsch am 10. Mai wegen Raketenangriffen der Hamas auf Jerusalem abgebrochen worden. Israel griff daraufhin Ziele im Gazastreifen an. Während eines elftägigen Konflikts wurden damals 255 Palästinenser getötet. In Israel kamen 14 Menschen ums Leben.

SRF 4 News, 29.5.2022, 12:00 Uhr ; 

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