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Position im Nahostkonflikt Jordanien zwischen Stuhl und Bank

Jordanien hält gute Beziehungen mit Israel und den USA. Das bringt das Königreich in die Zwickmühle, denn die jordanische Bevölkerung und auch Jordaniens Nachbarn sind zurzeit nicht gut auf Israel und die USA zu sprechen.

Jordanien ist bekannt als der ruhige Pol im sonst so turbulenten Nahen Osten. Die US-amerikanische Invasion in Irak, der Arabische Frühling, der langanhaltende Krieg in Syrien, all das hat das Königreich der Haschemiten mehr oder weniger unbeschadet überstanden. Der aktuelle Krieg zwischen der Hamas und Israel kann Jordanien aber in Bedrängnis bringen, meint der Politologe und Strategie-Experte Amer Sabaileh in Amman.

Jordanien ist mittendrin.
Autor: Amer Sabaileh Politologe, Strategie-Experte

Denn die Hisbollah in Libanon sowie die Huthi-Rebellen in Jemen feuern Raketen auf Israel ab, Nationalisten in Irak stacheln die Bevölkerung gegen die USA an, derweil würden Stellungen in Irak und Syrien von der israelischen und der US-Armee angegriffen. «Jordanien ist da mittendrin», sagt Sabaileh.

Bild von Amer Sabaileh
Legende: Politologe und Strategie-Experte Amer Sabaileh. SRF

Eine an sich schon gefährliche Situation, doch drohe dem Königreich auch Ungemach aus dem Inneren: «Es macht sich eine antiamerikanische Haltung breit», da die USA den Krieg Israels in Gaza bedingungslos zu unterstützen scheinen. Es kam zu Demonstrationen gegen Israel und seine Verbündeten. Eine Zwickmühle für den König, der Jordanien nach wie vor als strategischen Partner der USA versteht. «Jordanien muss auf der einen Seite die Wut der Bevölkerung in den Griff bekommen, auf der anderen Seite ist Jordanien auf die USA angewiesen», sagt Politologe Sabaileh. Jordaniens Währung und ein Grossteil der Wirtschaft hängen vom US-amerikanischen Partner ab.

Gratwanderung der jordanischen Politik

Nach dem Beschuss eines Spitals in Nord-Gaza, den die Bevölkerung hier klar Israel zuschreibt, war der jordanische König gezwungen, US-Präsident Joe Biden von einem Besuch in Amman auszuladen. Nun, ein paar Wochen später, bei einem Besuch von US-Aussenminister Blinken, bat er um ein US-amerikanisches Luftabwehrsystem für Jordanien. Denn als Partner der USA mache sich Jordanien nicht nur Freunde unter seinen pro-iranischen Nachbarn, sagt Sabaileh: «Es ist nicht auszuschliessen, dass pro-iranische Milizen Ziele auch in Jordanien angreifen oder von hier aus Stellungen in Israel beschiessen».  

Wir fühlen denselben Schmerz
Autor: Rania Königin von Jordanien

Das jordanische Königspaar versucht sich derweil auf allen Fronten abzusichern. Während König Abdullah II. diese Woche bei der Nato vorstellig wurde, gab sich Königin Rania, selbst eine Palästinenserin, im US-Fernsehen volksnah: «Alle Jordanier und Jordanierinnen sind vereint, wir fühlen denselben Schmerz», sagte die Königin gegenüber dem Fernsehsender CNN. 

Keine klare Strategie

«Die Landesführung reagiert mehr auf die Krise, als hier eine Führungsrolle zu übernehmen», sagt Politologe Sabaileh. Dabei hätte Jordanien dafür gute Chancen gehabt, eben weil es mittendrin ist und weil es mit allen Parteien verbunden ist. Doch scheint der Zug dafür abgefahren zu sein, sagt Sabaileh: «Einst waren alle palästinensischen Parteien in Jordanien präsent. Nicht nur die Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Abbas, sondern auch die Hamas-Führung». Doch diese wurde 1999 aus dem Land gejagt und erst vor kurzem hat Jordanien seinen Botschafter in Israel abgezogen. Auf dieser Grundlage könne man keine Basis für Verhandlungen bieten.

Königin Rania von Jordanien.
Legende: Königin Rania von Jordanien. REUTERS/Pedro Nunes/Archiv.

So bleibt dem Königreich wohl nicht viel anderes übrig, als die Spannungen im Moment auszuhalten und auf seinen einzigen wirklichen Partner zu zählen: die USA.

Rendez-vous, 9.11.2023, 12:30 Uhr

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