SRF News: Sie haben die Wahl in der Wiener Hofburg mitverfolgt. Wie war die Stimmung dort nach Bekanntgabe des Resultats?
Christian Rainer: Abgesehen vom Umfeld des Kandidaten Norbert Hofer war die Stimmung fast durchgehend ausgezeichnet. Erleichterung hat sich breit gemacht.
Erwartet wurde ein knappes Ergebnis. Nun liegt Alexander van der Bellen mit 53 Prozent vorn...
Ja, das Ergebnis ist relativ klar, und ich habe noch niemanden gefunden, der mir erklären konnte, was nun zwischen der letzten, annullierten Stichwahl und gestern passiert ist. Ich wäre aber wirklich vorsichtig mit jeglicher Interpretation. Denn der Abstand beträgt trotzdem nur drei Prozentpunkte. Gestern wurde zwar gefeiert. Man sollte heute aber dennoch einen Kater haben. Denn das Resultat ist doch das, dass ein radikal rechter Parteikandidat fast eine absolute Mehrheit bekommen hat.
Die FPÖ geht also nicht geschwächt aus dieser Bundespräsidentenwahl heraus?
Nein, überhaupt nicht. Ein Jahr Wahlkampf hat gezeigt, dass die beiden regierenden Parteien, die SPÖ und die ÖVP, ihre Kandidaten überhaupt nicht durchbringen konnten. Diese hatten nur je zehn Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang erhalten. Gestärkt ist die FPÖ mit einem unglaublichen Ergebnis von fast 50 Prozent. Das ist nun wirklich einmalig in Europa, dass eine radikal rechte Partei so hart an der absoluten Mehrheit kratzt.
Es ist einmalig in Europa, dass eine radikal rechte Partei so hart an der absoluten Mehrheit kratzt.
Van der Bellen will Präsident aller Österreicher sein. Kann ihm das gelingen?
Das kann ihm wesentlich eher gelingen als Norbert Hofer, der viel radikaler auftritt. Van der Bellen ist eher der verbindende Typ. Anders wäre es nicht möglich gewesen, dass ein grüner Kandidat von über der Hälfte des Landes gewählt wird. Van der Bellen hat den Nimbus eines älteren Professors, der beruhigend wirkt.
Das Gespräch führte Claudia Weber.