Bereits am Morgen ist in der kleinen Küche im Restaurant der Familie Ferhatovic der Grill im Betrieb. Darauf liegt die Spezialität des Hauses: Cevapcici, oder Cevapi, wie sie in Bosnien heissen. Schon seit mehreren Generationen führt die Familie die Cevabdzinica im Altstadtquartier Sarajevos.
Vor über 60 Jahren eröffnet die Familie ein erstes Lokal. Einer der Gründer ist Asim Ferhatovic – genannt «Hase» – Vereinslegende des lokalen Fussballvereins FK Sarajevo und Namensgeber des Olympiastadions.
Das heutige Restaurant wird zu den Olympischen Winterspielen 1984 eröffnet. Damals ist Sarajevo noch Teil des sozialistischen Jugoslawiens und steht im Zentrum der Weltöffentlichkeit. Dementsprechend gut läuft das Geschäft: Innerhalb kurzer Zeit eröffnet die Familie drei weitere Cevabdzinicas.
Alles ändert sich schlagartig, als 1992 der Bosnienkrieg beginnt. Während mehr als 1400 Tagen wird Sarajevo von serbischen Truppen belagert. Grosse Teile der Stadt werden zerstört. Von den drei Restaurants bleibt der Familie Ferhatovic ein einziges übrig. Nicht nur die Stadt, nun Hauptstadt des unabhängigen Staates Bosnien und Herzegowina, sondern auch das Cevapi-Geschäft muss nach dem Krieg wieder aufgebaut werden.
Eine kulinarische Erfolgsgeschichte
Läuft man heute durch die engen Gassen von Bascarsija – dem osmanischen Altstadtquartier – ist von den Spuren des Krieges zumindest hier nichts mehr zu sehen. Touristen wie Einheimische flanieren durch die engen Gassen. Läden bieten allerlei zu verkaufen an, Cafés laden zum Verweilen ein. Der Duft nach gegrilltem Hackfleisch aus den unzähligen Cevabdzinicas liegt in der Luft. Die meisten sind gut besucht. Die Sarajevski-Cevapi sind eine beliebte Mahlzeit.
Das hat auch die Stadtverwaltung erkannt. Sie unterstützt deshalb die Vereinigung der Cevapi-Verkäuferinnen und -Verkäufer in ihrem Bestreben, den Sarajevski-Cevapi zum geschützten Produkt zu erklären. So soll er dereinst für Bosnien dasselbe sein wie die Pizza für Italien. Ein gastronomisches Produkt, welches das Land weltweit verkörpert – und so bekannt macht.
Der Cevapi drängt nach Europa
Erstmal soll dazu auf nationaler Ebene ein Antrag gestellt werden. In einem zweiten Schritt soll der Sarajevski-Cevapi dann auf EU-Ebene zum geschützten Produkt erklärt werden. Damit könnte der Cevapi den Weg in eine europäische Zukunft vorgehen, den auch Bosnien beschreiten will. Nach Jahren des Stillstandes hat das Land Ende 2022 den Kandidatenstatus erhalten. Viele hoffen nun, dass es vorwärtsgeht. Doch wie beim Cevapi dürfte auch für Bosnien der Weg in die EU noch eine Weile dauern.
Zur Mittagszeit ist das Lokal der Ferhatovics gut gefüllt. Viele Gäste kommen seit Jahren hierher. Die meisten Menschen in Sarajevo haben ein Stammlokal, dem sie treu bleiben. Für viele ist der Sarajevski-Cevapi bereits jetzt ein fester Teil der Stadt. Nun soll er zu einem Symbol Bosniens in der Welt werden.