Seit Monaten verhaftet die Bundesbehörde ICE Migrantinnen und Migranten, die ohne gültige Ausweispapiere in den USA leben. Dabei spielen sich mitunter dramatische Szenen ab, so zum Beispiel vor einem Monat im US-Bundesstaat Massachusetts. Dort versuchte eine Menschenmenge zu verhindern, dass die Sicherheitskräfte eine Frau verhafteten – vor den Augen ihrer Tochter.
Verstärkte Einsätze der ICE haben auch die Proteste in Los Angeles ausgelöst. Nach Behördenangaben wurden bei den Razzien Dutzende Menschen festgenommen.
Aufspüren, festnehmen, deportieren
Mittlerweile sind die vermummten Beamten zum Sinnbild für Trumps harten Migrationskurs geworden. Aber wer ist die ICE überhaupt? Der Auftrag der Bundesbehörde ist es, die Einwanderungs- und Zollgesetze innerhalb der USA durchzusetzen.
Sie ist also ein Instrument, um gegen illegale Einwanderung vorzugehen, wie Christian Lammert ausführt. «Sie soll Migranten aufspüren, die bereits im Land sind, sie vor Gericht bringen und allenfalls deportieren», so der Professor für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin.
Nach dem Terror von 9/11 gegründet
Die Trump-Administration schob Migranten jüngst unter Berufung auf ein Kriegsgesetz aus dem 18. Jahrhundert ab – ohne Gerichtsentscheid. Der Supreme Court stellte sich gegen das Vorgehen. Eine endgültige Entscheidung des obersten Verfassungsgerichts ist noch hängig.
Gegründet wurde ICE nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, unter der Regierung von George W. Bush. Seither gingen die jeweiligen Präsidenten unterschiedlich mit ihr um. Auch Barack Obama und Joe Biden hätten mitunter «ausgiebig» auf Dienste der Behörde zurückgegriffen, so Lammert.
Allerdings seien sie auf Rechtsstaatlichkeit bedacht gewesen. Unter der Trump-Administration gehen die Agenten der Behörde nun aber wenig transparent vor: «Menschen werden ohne Verfahren festgesetzt und teilweise ohne Gerichtsentscheid in andere Länder deportiert.»
Die Angst ist allgegenwärtig
Kritikerinnen und Kritiker werfen der US-Regierung vor, mit martialisch anmutenden Festnahmen gezielt Angst schüren zu wollen – und sehen in der Einwanderungsbehörde die willfährige Vollstreckerin von Trumps Abschiebepolitik.
Die «New York Times» berichtet, wie die Angst unter den Eingewanderten grassiert. Allein Gerüchte, dass ICE-Beamte an einer Schule, einer Kirche oder einem Friseurladen vorbeikommen könnten, führten zu einem regelrechten Exodus. Von «totaler Hysterie» sprach etwa der Vorsitzende einer Vereinigung von Migranten aus Lateinamerika.
Metropolen wie New York oder Los Angeles definieren sich als «Sanctuary Cities», also sogenannte Zufluchtsstädte: Wer hier ohne Ausweispapiere in eine Verkehrskontrolle gerät oder verletzt im Spital landet, droht nicht gleich abgeschoben zu werden. Der Sinn dahinter sei einfach, sagt Lammert: «Wenn man die Menschen in die Illegalität abschiebt, werden sie niemals mit den Behörden kooperieren.»
Viele der nicht dokumentierten Migranten leben schon seit Jahrzehnten in den USA. «Sie sind integriert, haben Familien, Ehepartner und Kinder, die amerikanische Staatsbürger sind – und trotzdem droht ihnen die Abschiebung», schliesst der USA-Experte. In diesem Klima der Angst wachse nun auch die Wut – und das nicht nur in Los Angeles.
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