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Prozess gegen Netanjahu Israels Premierminister auf der Anklagebank

Zum ersten Mal in der Geschichte Israels muss sich ein amtierender Premierminister vor Gericht verantworten.

Der Prozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat begonnen. Er hätte bereits am 17. März beginnen sollen, wurde aber wegen der Corona-Krise verschoben. Netanjahu ist in drei Fällen der Korruption angeklagt. Er hat stets seine Unschuld beteuert. Vor dem Gericht richtete er schwere Vorwürfe gegen die Untersuchungs- und Justizbehörden. Sein Vorwurf: sie wollten ihn und die Rechte in Israel stürzen.

Netanjahu wollte nicht vor Gericht erscheinen. Der Sicherheitsaufwand sei zu teuer, und den Justizbehörden ginge es nur um das Bild des Premierministers auf der Anklagebank. Der Oberstaatsanwalt hatte jedoch vor dem Prozess klargemacht, dass Netanjahus Anwesenheit am ersten Prozesstag zwingend sei.

Protestierende, die ein Plakat von Netanjahu in den Händen halten.
Legende: Gegner und Befürworter von Benjamin Netanjahu protestieren vor dem Gerichtsgebäude. imago images

Fall 1000

Die Vorwürfe: Netanjahu und seine Frau Sara werden von zwei Geschäftsmännern reichlich beschenkt: im Wert von über 300’000 Dollar geben ihnen zwei Freunde teure Zigarren, Champagner und andere Köstlichkeiten. Dafür möchten sie «nur» ein paar politische Nettigkeiten. Der gebürtige Israeli und Hollywood-Produzent Arnon Melchin ( «Pretty Woman» / «12 Years a Slave») möchte ein paar Steuererleichterungen oder wenn es darum geht, ein 10-Jahres Visum für die USA zu bekommen. Der australische Casino-Mogul James Packer ist Melchins Geschäftspartner, für ihn soll auch etwas herausspringen.

Netanjahus Verteidigung: Er streitet nicht ab, dass er Geschenke bekommen hat. Aber er bezeichnet sie als Geschenke von guten Freunden, und als gute Freunde hätten sie doch nichts dafür verlangt.

Anklage: Betrug, Untreue

Fall 2000

Die Vorwürfe: Die israelische Tageszeitung Yedioth Ahronoth war einmal Netanjahu-kritisch. So sehr, dass Netanjahu ihren Besitzer Arnon Mozes als «Voldemort» bezeichnet haben soll. Netanjahu ging auf Mozes zu und bat ihn, doch bitte netter über ihn und Sara zu berichten. Als Dank dafür versprach er ein paar gesetzliche Bestimmungen, die dem Gratis-Konkurrenzblatt von Mozes, «Israel Today», schaden. Zwar benachteiligt Netanjahu damit einem ihm wohlgesinnten Blatt, aber für ein paar ihm wohlgesinnte Artikel in Mozes' super-kritischem Blatt würde «Bibi» keinen Aufwand scheuen. Von diesem Gespräch zwischen Netanjahu und Mozes gibt es eine Aufnahme. Netanjahus Stabschef tritt im Prozess als Kronzeuge auf um seine eigene Haut zu retten.

Netanjahus Verteidigung: «Bibi» streitet das Gespräch nicht ab, sagt aber: Er wollte etwas gegen Mozes in der Hand haben – falls dieser ihn mal hätte erpressen wollen.

Anklage: Betrug, Untreue

Fall 4000

Die Vorwürfe: Netanjahu kann kritische Berichte über sich nicht ausstehen. Noch allergischer ist er auf Kritik an seiner Ehefrau Sara. Im Online-Newsportal «Walla» kamen die beiden sehr schlecht weg. Besitzer des Portals ist Shaul Elovitch. Er ist auch Besitzer des israelischen Telekommunikations-Giganten Bezeq. Netanyahu und Elovitch einigten auf einen Deal: nettere Berichte über die Netanjahus, im Gegenzug ein paar gesetzliche Erleichterungen, durch die Elovitch geschätzte 200 Millionen Dollar sparen konnte.

Netanjahus Verteidigung: Beide – Netanjahu und Elovitch sind angeklagt, beide streiten die Vorwürfe ab. Nebst einem Chefbeamten, der mit der Staatsanwaltschaft einen Deal ausgehandelt hat, wird auch der ehemalige Mediensprecher der Netanjahus als Kronzeuge auftreten.

Anklage: Bestechung, Betrug, Untreue

Beobachter meinen, in diesem Fall werde Netanjahu am ehesten verurteilt.

Echo der Zeit

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