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Pushbacks in der Ägäis? Schwere Vorwürfe gegen griechische Küstenwache

Drei Menschen sollen laut Medienberichten ins Meer geworfen worden sein. Zwei sind ertrunken.

Was ist passiert? «Der Spiegel» und «The Guardian» haben berichtet, dass im letzten September griechische Grenzschützer Migranten, die bereits die griechische Insel Samos erreicht hatten, wieder auf Boote verfrachtet und später ins Meer geworfen hätten. Die Berichte stützen sich auf Aussagen von Augenzeugen. Und: «diesmal werden sogar griechische Küstenwächter anonym zitiert», so die in Athen lebende freie Journalistin Rodothea Seralidou.

Wie glaubwürdig sind diese Berichte? Es handle sich um eine gross angelegte Recherche zu Pushbacks in der Ägäis, sagt Seralidou. Daran mitgearbeitet haben neben dem «Spiegel» und dem «Guardian» auch die Investigativportale «Lighthouse Reports» und «Mediapart». Die Quintessenz der neuen Berichte sei, dass die griechische Küstenwache nicht nur Menschen zurück in türkische Gewässer gedrängt oder in einem Boot auf dem offenen Meer ausgesetzt haben soll, wie frühere Berichte gezeigt hätten.

Diesmal lautet der Vorwurf, es seien gar Menschen ins Meer geworfen worden. «Es sind seriöse Medien und Institutionen, die so etwas ohne Beweise nicht veröffentlichen würden», sagt die Journalistin. «Ich halte die Berichte für glaubwürdig.»

Wie viele Menschen sollen betroffen gewesen sein? Laut dem «Spiegel» sind zwei Männer bei der beschriebenen Aktion ertrunken. Einer davon sei aus der Elfenbeinküste gekommen und der andere aus Kamerun. Ein dritter Mann, ebenfalls aus Kamerun, sei ins Meer geworfen worden und habe sich selbst retten können, weil er schwimmen konnte. Er habe so die türkische Küste erreicht. Er habe mit den Journalisten gesprochen, die die Berichte verfasst haben.

Eine Frau steigt von einem Schlauchboot auf ein Schiff um
Legende: Migrantinnen und Migranten, hier bei der Rettung durch die türkischen Küstenwache. Keystone

Was sagen die griechischen Behörden dazu? Solche Berichte seien das Ergebnis türkischer Desinformation, erklärte Migrationsminister Notis Mitarakis am Donnerstagabend. «Die von der Türkei betriebene Propaganda über illegale Migration führt dazu, dass in den Medien häufig falsche Geschichten auftauchen.» Griechenland schütze die Aussengrenzen der EU unter vollständiger Einhaltung des Völkerrechts. Griechenland versandte eine Medienmitteilung, in der auch Links zu Videos der türkischen Küstenwache zu sehen seien.

Medienmitteilung der griechischen Behörden

Wie glaubwürdig sind die Berichte der türkischen Küstenwache, sie rette Menschen aus dem Meer, die von der griechischen Küstenwache zurückgewiesen wurden? Die Journalistin Seralidou sagt dazu: «Es ist glaubwürdig, dass die Türken Menschen aus dem Meer retten, die zurückgeschickt wurden. Es gibt auch Fotos und Videos von diesen Aktionen und unzählige Augenzeugen und Überlebenden.» Diese Leute schilderten genau diesen Sachverhalt.

Wie ist die rechtliche Lage?

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Grundsätzlich hat jeder Mensch, der es in die Europäische Union schafft, das Recht, ein Asylgesuch in der EU zu stellen. Wenn jemand zum Beispiel an der Küste der griechischen Insel Samos landet, hat er dieses Recht.

Was unternehmen die griechischen Behörden? Migrationsministier Mitarakis sagte, es gebe auf griechischer Seite unabhängige Untersuchungen zu derartigen Vorwürfen. Allerdings würden die Autoren solcher Berichte die angeforderte Details und Beweise nicht an die Behörden übermitteln und ihnen die Prüfung damit erschweren.

Die griechischen Behörden verweisen auf diese Videos:

SRF 4 News, 18.02.2022; 09:40 Uhr ; 

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