Zum Inhalt springen

Putins berühmter Gefangener Aufenthaltsort von Alexej Nawalny weiterhin unklar

Vom inhaftierten russischen Oppositionellen fehlt weiterhin jede Spur. Offenbar wurde er in ein anderes Straflager verlegt.

Der Kontakt zwischen dem berühmtesten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny und seinem Umfeld ist vor sechs Tagen abgebrochen. Dies, nachdem der Inhaftierte angeblich wegen einer Strompanne nicht zu einer gerichtlichen Anhörung zugeschaltet worden war.

Im Gefängnis, wo Nawalny bisher einsass, heisst es, der 47-Jährige sei nicht mehr dort. Nawalnys Anwälte befürchten, er sei in ein Straflager mit härteren Haftbedingungen verlegt worden. Sie berichten regelmässig über die schwierigen Haftbedingungen und häufigen Schikanen, unter denen sich der Gesundheitszustand Nawalnys stark verschlechtert habe.

Russische Beamte schieben oft technische Probleme vor, wenn sie etwas nicht sagen wollen.
Autor: Christof Franzen SRF-Russland-Korrespondent

Der unklare Verbleib Nawalnys löse im Umfeld Nawalnys grosse Sorge und Fragen aus, sagt Russland-Korrespondent Christof Franzen in Moskau. Wie glaubwürdig die Aussagen der Behörden über die angebliche Strompanne sind, sei schwierig zu beurteilen. Russische Beamte schöben oft technische Probleme vor, wenn sie etwas nicht sagen oder die wahren Beweggründe für ihre Entscheidungen nicht bekannt machen wollten.

Absurde Anschuldigungen

Nawalnys neunjährige Freiheitsstrafe wegen Extremismus war im Sommer auf 19 Jahre erhöht worden. Er selbst, seine Anhängerschaft und viele internationale Beobachter sprechen von absurden Anschuldigungen und einem eindeutig politischen Prozess des russischen Staates.

Alexej Nawalny
Legende: Zum 1000. Tag der Gefangenschaft: Demonstration für Putins bekanntesten politischen Gefangenen Alexej Nawalny am 15. Oktober 2023 vor der russischen Botschaft in Berlin. imago images/snapshot

Momentan stünden die Chancen für Nawalny schlecht, in absehbarer Zukunft wieder aus dem Gefängnis zu kommen, schätzt Franzen. Das Schicksal von Nawalny sei mittlerweile viel weniger im internationalen Fokus als vor der Verhaftung vor zwei Jahren. Sein Fall werde zugleich vom russischen Krieg in der Ukraine überschattet.

Eine Freilassung wäre laut Franzen vielleicht möglich, wenn Nawalny ein Gnadengesuch stellen würde. Dafür müsste er sich aber selber schuldig bekennen, wonach es im Moment ebenfalls nicht aussehe.

Putin hat seine Kritiker im Griff

Vom Bekanntheitsgrad her ist Nawalny laut Franzen nach wie vor die wichtigste Stimme, die Putin auch vom Gefängnis aus kritisiert. Auch mithilfe seiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die in Artikeln und Videos den – wie sie sagen – unrechtmässigen Reichtum der russischen Machtelite anprangern.

Putin, der bei den Wahlen im kommenden Frühling nochmals antreten will, verspürt auch Druck vom imperialistisch-nationalistischen Lager. Dieses kritisiert, dass der Krieg in der Ukraine nicht mit genügend Mitteln geführt werde, und fordert den totalen Krieg.

Doch auch dieses Lager ist geschwächt: Mit Igor Girkin sitzt inzwischen auch einer der bekanntesten Vertreter der Ultranationalisten in Haft. Und Jewgeni Prigoschin, der im Sommer einen Aufstand gegen die Armeeführung angezettelt hatte, kam im August bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

Christof Franzen

SRF-Sonderkorrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Christof Franzen ist Redaktor für Dokumentarfilme und Reportagen. Er arbeitet seit 2003 für SRF und kehrte 2018 nach 13 Jahren als Russland-Korrespondent in die Schweiz zurück. Seither reiste er für verschiedene Produktionen immer wieder nach Russland.

SRF 4 News aktuell, 12.12.2023, 09:35 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel