Zum Inhalt springen

Putschversuch im Sudan Militär verhängt Ausnahmezustand

  • Im Sudan hat der militärische Chef der Übergangsregierung, General Abdel Fattah al-Burhan, die Auflösung des Kabinetts und des Souveränen Rat aus Militärs und Zivilisten angeordnet.
  • Nach Einschätzung der Vereinten Nationen hat das Militär die Kontrolle über die Hauptstadt Khartum erlangt. Der Flughafen und wichtige Brücken seien in der Hand der Streitkräfte.
  • Im ganzen Land werde der Ausnahmezustand verhängt, sagte General al-Burhan während einer Fernsehansprache, gekleidet in einer Militäruniform.
  • Sieben Menschen seien bei Zusammenstössen getötet und 140 verletzt worden, sagte ein Angehöriger des Gesundheitsministeriums der Agentur Reuters. Berichten zufolge soll das Militär in die Menge geschossen haben.
General al-Burhan in Kampfuniform
Legende: General Abdel Fattah al-Burhan informiert in einer Fernsehansprache über die Auflösung des Souveränen Rats. Sudan TV | Keystone

Hinweise auf einen Putsch hatten sich am Montagmorgen verdichtet. Das Internet, das Mobiltelefonnetz und Teile des Festnetzes waren seit dem frühen Morgen nicht mehr verfügbar, meldete die britische Organisation Netblocks, die weltweit Internetsperren dokumentiert. 

Am Morgen hat die Armee schliesslich Ministerpräsident Abdullah Hamdok festgenommen. Hamdok sei an einen unbekannten Ort verschleppt worden, hiess es auf der offiziellen Facebook-Seite des Informationsministeriums. Er habe sich geweigert, den Putsch zu unterstützen, und die Bevölkerung aufgerufen, «am Frieden festzuhalten und die Strassen zu besetzen, um die Revolution zu verteidigen».

General al-Burhan will Übergang zu Demokratie gewährleisten

Die Übergangsregierung hatte vor zwei Jahren die Macht im Sudan übernommen, nachdem der langjährige Diktator Omar al-Baschir 2019 abgesetzt wurde.

General al-Burhan, der selbst Vorsitzender des Rats war, begründete laut der Agentur Reuters das Vorgehen damit, dass Frieden und Sicherheit im Sudan gefährdet gewesen seien. Das Militär habe handeln müssen, um die Sicherheit des Landes zu schützen.

UN-Dringlichkeitssitzung nach Putsch im Sudan

Box aufklappen Box zuklappen

Nach dem Putsch soll der UN-Sicherheitsrat sich am Dienstag in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage im Sudan beschäftigen. Auf Anfrage der USA, Grossbritanniens, Frankreichs, Estlands, Irlands und Norwegens wird sich das mächtigste UN-Gremium voraussichtlich am Nachmittag New Yorker Zeit hinter verschlossenen Türen treffen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen.

Das Militär werde den demokratischen Übergang fortsetzen, bis die Macht an eine zivile gewählte Regierung übergeben werde. Er kündigte Wahlen für Juli 2023 an. Bis dahin solle eine unabhängige Regierung den Sudan führen.

Festnahme weiterer Minister

Das sudanesische Informationsministerium hat inzwischen auch bestätigt, dass mehrere Minister festgenommen worden sind. Laut der Agentur Reuters sind auch die meisten Regierungsmitglieder festgenommen worden seien, ebenso Parteiführer, die alle Vertreter des zivilen Teils der Übergangsregierung sind.

Alles deute auf eine sehr koordinierte Aktion hin, sagt SRF-Afrika-Korrespondent Samuel Burri. «Das Militär ist im Sudan ja Teil der Übergangsregierung. Und nun sieht es danach aus, als ob das Militär wieder die gesamte Macht übernehmen will.»

Viele Sudanesen und Sudanesen haben Angst, dass das Militär ihnen die Revolution stiehlt.
Autor: Samuel Burri SRF-Afrikakorrespondent

Die wichtigste zivile Bewegung im Land, die «Sudanese Professionals Association», ein Verband aus verschiedenen Gewerkschaften, rief zu Demonstrationen auf, um den Militärputsch zu verhindern. Protestierende versammelten sich auf den Strassen Khartums.

Menschenmasse. Es raucht.
Legende: Menschenmassen ziehen durch die Strassen der sudanesischen Hauptstadt Khartum, um die Regierung zu unterstützen. Reuters

«Es gibt im Internet bereits Bilder von brennenden Barrikaden in der Hauptstadt», sagt Burri. Und eines sei klar: «Viele Sudanesen und Sudanesen haben Angst, dass das Militär ihnen die Revolution stiehlt.

Diese Revolution fand vor zweieinhalb Jahren statt, als Diktator Omar al-Baschir abgesetzt wurde und der Übergang zur Demokratie angestossen werden sollte. Die neuen Freiheiten wollen sich viele Leute nicht mehr nehmen lassen.»

Letzter Putschversuch im September

Den Behörden zufolge gab es immer wieder Versuche von al-Baschirs Anhängern, die Regierung zu schwächen oder zu stürzen. Erst im September war ein Putschversuch gescheitert. Und im März vergangenen Jahres war Hamdok einem Attentatsversuch entkommen.

SRF 4 News, 25.10.2021, 06:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel