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Raketentest in Nordkorea Welche Gefahr geht von Kim Jong Un aus?

Nordkorea ist ein Land, das die Welt tatsächlich unangenehm überraschen könnte – mit der Atombombe. Eine Einschätzung von Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent von SRF.

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

SRF News: Geht von Nordkorea nach diesem Raketentest eine ernstzunehmende Gefahr aus?

Fredy Gsteiger: Ich denke, wir müssen uns Sorgen machen. Zwar ist Nordkorea im Moment noch nicht im Stande, mit Atombomben bestückte Raketen auf Europa abzufeuern. Aber das Land besitzt etwa ein Dutzend Atombomben. Und es macht immer schnellere Fortschritte in der Raketentechnologie – inzwischen auch ohne ausländische Hilfe. Nordkorea rückt immer näher an den Punkt heran, an dem es Langstreckenraketen in Richtung Europa oder USA wird abschiessen können.

Nachbarländer wie Südkorea und Japan sind wegen den Aktivitäten in Nordkorea besorgt. Zusammen mit den USA haben sie eine dringliche Sitzung des UNO-Sicherheitsrates einberufen. Doch was hat die internationale Gemeinschaft in der Hand?

Nicht viel. Sanktionen haben bisher nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Dies auch, weil China sie nicht wirklich konsequent durchsetzt. Ein militärischer Angriff gegen Nordkorea wäre eine Hochrisikostrategie. Nordkorea könnte damit antworten, dass es mit seiner Artillerie radioaktive Stoffe nach Südkorea abfeuert. Man kann fast sagen, der Zeitpunkt für einen einigermassen harmlosen militärischen Angriff ist längst vorbei. Als Option bleiben Verhandlungen. Doch da stellt sich die Frage: Will Nordkorea überhaupt verhandeln? Will es auf Zeit spielen? Und welche Bedingungen würde Nordkorea in Verhandlungen stellen?

Bei einem atomaren Gegenschlag müsste Kim damit rechnen, dass Millionen der eigenen Leute sterben.

Wenn Nordkorea tatsächlich den Punkt erreicht, an dem auf diesen Raketen atomare Sprengköpfe angebracht werden können: Wohin führt das?

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Das Regime macht sich damit ein Stück weit unangreifbar. Es ist grundsätzlich ein Problem und beunruhigend, dass es überhaupt Länder gibt, die Atomwaffen besitzen. Aber bei den meisten kann man davon ausgehen, dass sie diese nicht offensiv nutzen würden. Denn bei einem atomaren Gegenschlag müssten sie ja damit rechnen, dass Millionen ihrer eigenen Leute getötet werden. Bei Nordkorea ist man da einfach nicht so sicher. Nehmen wir an, das Überleben des Regimes in Nordkorea wäre gefährdet – vielleicht auch aus innerpolitischen Gründen –, so könnte man nicht ausschliessen, dass das Regime möglicherweise in einer Verzweiflungstat dann doch Atombomben einsetzt, à la «nach uns die Sintflut».

Das Gespräch führte Patrick Seiler.

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