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Donald Trump steht neben Merck-Chef Kenneth Frazier. Frazier spricht in ein Mikrofon.
Legende: Als sie sich noch verstanden haben: Donald Trump und Merck-Chef Kenneth Frazier im Juli. Keystone

Reaktion auf Charlottesville Trumps Berater springen ab – doch viele halten ihm die Treue

Donald Trumps Aussagen zu den Gewalttaten in Charlottesville wurden heftig kritisiert. Immer mehr Industrievertreter wenden sich gegen ihn. Die meisten Berater aus der Wirtschaft behalten allerdings den Draht zu Trump – auch aus Sorge vor Gegenangriffen.

Nach den Ausschreitungen in Charlottesville ringt US-Präsident Donald Trump mit seinen Worten. Vielen gehen seine Distanzierungen von rechtsextremer Gewalt zu wenig weit. So auch Vertretern der amerikanischen Industrie: Die Geschäftsführer der Grosskonzerne Merck, Under Armour und Intel sowie drei Gewerkschaftsvertreter sind als Reaktion auf Trumps Kommentare aus dem «American Manufacturing Council» ausgetreten.

Sorge vor negativen Reaktionen

Doch damit sind sie in der Minderheit. Der Grossteil der Mitglieder von Trumps Industriebeiräten äussert sich nicht zur Kontroverse. Gross ist die Sorge, dass eine öffentliche Kritik an Trump dem eigenen Unternehmen schaden könne, denn der US-Präsident scheut sich nicht davor, Firmen auf Twitter anzugreifen.

Als Merck-CEO Ken Frazier seinen Rücktritt aus dem «American Manufacturing Council» bekannt gab, schoss Trump sofort zurück: Nun habe Frazier mehr Zeit, die «Abzockerpreise» des Pharmakonzerns zu senken.

Trumps Industriegremien

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Zwei Beratergruppen sollen Donald Trump in Wirtschaftsfragen unterstützen: der «American Manufacturing Council» für das verarbeitende Gewerbe und das «Strategy and Policy Forum» für generelle Fragen der Wirtschaftspolitik. Sie sind zusammengesetzt aus jeweils etwa 20 hochrangigen Industrievertretern.

Trumps Seitenhiebe auf Twitter resultierten in der Vergangenheit häufig in kurzzeitigen Kurseinbrüchen an der Börse. Auch wenn die Aktie von Merck nach dem Tweet nicht an Wert verlor, möchten US-Manager nicht Trumps Sympathie verlieren.

Der US-Präsident und ehemalige Unternehmer gilt als wirtschaftsfreundlich, er möchte Regulierungen reduzieren und die Unternehmenssteuern drastisch senken. Die Industrievertreter in Trumps Beratergremien hoffen, direkt Einfluss auf die geplanten Wirtschaftsreformen zu nehmen.

Bereits neun Abgänge

Dennoch: Der Widerstand gegen Trump aus Unternehmerkreisen nimmt zu – auch innerhalb der Industriegremien. Doug McMillon, Geschäftsführer von Walmart, bleibt aktiv im «Strategy and Policy Forum». In einem internen Memo kritisierte er jedoch Trumps zurückhaltende Reaktion auf die Gewalt in Charlottesville. Der Präsident habe die Gelegenheit verpasst, «das Land durch eine klare Ablehnung der furchtbaren Handlungen der White Supremacy zu vereinen».

McMillon schrieb sein Memo, nachdem Trump am Montag ein klareres Signal gegen die Gewalttäter von Charlottesville sendete. Nun hat Trump seinen kontroversen Aussagen vom Samstag Nachschub verliehen, mit Reaktionen ist zu rechnen.

Weitere Abgänge aus den Industriebeiräten sind möglich. Bereits im Juni sind Elon Musk von Tesla und Bob Iger von Disney aus dem «Strategy and Policy Forum» zurückgetreten, damals als Reaktion auf Trumps Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen.

Ex-Uber-CEO Travis Kalanick gab seinen Posten bereits im Februar nach der Ankündigung des Einreiseverbots für sieben muslimische Länder auf. Mit der aktuellen Rücktrittswelle haben seit Einberufung der Gremien bereits neun Mitglieder ihre Positionen in den Beiräten aufgegeben.

Trump gibt sich von den Rücktritten gewohnt unbeeindruckt: Für jeden freien Sitz habe er eine grosse Auswahl an neuen Kandidaten, die «Grossmäuler» – so seine Bezeichnung für die zurückgetretenen Manager – hätten sowieso nicht in den Gremien weitermachen sollen.

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