Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) liegt gemäss der neusten Umfrage von Infratest Dimap gleichauf mit der Kanzlerpartei SPD. 18 Prozent der deutschen Stimmbevölkerung würden die AfD wählen, wenn heute gewählt würde.
Was sind die Gründe für das gute Abschneiden? SRF-Korrespondentin Simone Fatzer im Gespräch.
SRF News: Sind die guten Umfragewerte der AfD überraschend?
Simone Fatzer: Nein. Die AfD legte in den vergangenen Monaten immer mehr zu und es gab auch schon 2018 unter der unbeliebten Grossen Koalition, also das Regierungsbündnis von Union und SPD, 18 Prozent in Umfragen für die AfD. Das war aber historischer Höchstwert, also eine Ausnahme, man ist sich das ausser vielleicht in Ostdeutschland eigentlich nicht gewohnt. Die Konstellation, dass die AfD nun gleichauf liegt mit der SPD, gab es so noch nie. Und das sorgt für Aufregung.
Was sind die Gründe? Kommt die Arbeit der derzeitigen Regierung nicht an?
Das ist ein wichtiger Punkt. Die Regierung hat sich sehr viel vorgenommen, mit der Energiewende oder aktuell der Wärmewende, wie man beispielsweise wegkommt von Öl- und Gasheizungen. Doch die FDP und Grünen liegen sich in den Haaren. Schlimmer noch aber als der Streit ist, dass sie sich blockieren. Viele Menschen fragen sich, ob diese Regierung überhaupt fähig ist, umzusetzen, was sie sich vorgenommen hat. Nur jede fünfte Person ist zufrieden mit der Ampelregierung.
Aber das ist nur einer von vielen Gründen für den Höhenflug der AfD. Auch die CDU macht Fehler oder ist mitverantwortlich. Sie verschiebt den Diskurs nach rechts und trägt zum Teil auch diese Politik mit.
Ein weiterer Grund ist sicher auch die Inflation.
Absolut. Man weiss aus Umfragen, dass Wählerinnen und Wähler der AfD besonders pessimistisch sind, was ihre eigene Zukunft angeht. Und die aktuelle Situation nährt natürlich solche Ängste. Die Preisspirale ist eine grosse Belastung.
Die AfD heizt die Sorgen zusätzlich an, die Energiewende wird als absolut ruinös hingestellt.
Aktuell ist ja auch das Migrationsthema wieder sehr präsent. Die Zahlen nehmen zu. Landauf, landab sind Gemeinden überfordert mit der schieren Anzahl von Personen, die kommen.
Ist die AfD einfach näher bei den Sorgen und Nöten vieler Menschen als SPD oder CDU oder Grüne?
Die AfD weiss diese Themen einfach sehr gut zu bewirtschaften. Sie heizt die Sorgen zusätzlich an, die Energiewende wird als absolut ruinös hingestellt. Und auch die schwierige Wirtschaftslage wird mit der Zuwanderung verknüpft. Aber die Partei bietet ja keine Lösungen und dennoch bekommt sie diese hohe Zustimmung. Also viele erwarten offenbar gar nicht, dass es die AfD besser macht.
Und doch: Die AfD ist wählbar geworden. Das war noch lange ein Tabu für viele Menschen. Wir reden hier immerhin von einer Partei, die offiziell in Teilen als rechtsextrem gilt und insgesamt unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht.
In drei ostdeutschen Bundesländern wird nächstes Jahr gewählt. Was kommt da auf Deutschland zu?
Das wird ein grosses Thema werden, wenn die AfD etwa in Sachsen oder Thüringen grösste Fraktion im Landtag wird. Dann müssen sich die anderen Parteien natürlich überlegen, wie sie damit umgehen. Es bräuchte neue Koalitionen. In Deutschland werden Wahlen in der Mitte gewonnen, aber diese Mitte muss dann wohl breiter werden.
Nehmen wir Thüringen, wo die AfD stark ist, aber auch die Linke. Dann könnte die Frage auftauchen, ob die CDU in eine Koalition mit der Linken muss, um die AfD zu verhindern? Oder braucht es je länger je mehr auch Minderheitsregierungen? Das sind schon wirklich neue Herausforderungen.
Das Gespräch führte Iwan Lieberherr.