Jimmie Åkesson ist Chef der Schwedendemokraten – also jener politischen Partei im rechten Lager, die bei den Wahlen vor einem Monat mit Abstand am besten abgeschnitten hatte. Und obwohl er und seine Partei selbst nicht Teil der neuen Regierung sein werden, kam Åkesson aus dem Schwärmen fast nicht heraus, als am Freitag die wichtigsten Punkte des neuen schwedischen Regierungsprogramms vorgestellt wurden: «Anonyme Zeugen, Aufenthaltsverbote, mehr Überwachungskameras, Bettelverbote, Entzug der Staatsbürgerschaft», listete Jimmie Åkesson auf und erklärte eine eigentliche Zeitenwende in Schweden.
Tatsächlich steht das Land vor einem eigentlichen Experiment: Jahrzehntelang wurde das Land einmal sozialdemokratisch regiert, dann wieder von einer bürgerlichen Koalition in der politischen Mitte. Nun aber übernimmt erstmals eine politisch klar rechtsstehende Mehrheit die Macht im Land. Sie verfügt im Parlament zwar nur über eine knappe Mehrheit von 176 der 349 Sitze. Zudem werden im Kabinett nur Minister von drei Parteien vertreten sein: den Moderaten des designierten neuen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson, den Christdemokraten und den Liberalen. Letztere hatten zuvor ihr Veto gegen eine direkte Regierungsbeteiligung der Schwedendemokraten eingelegt.
Das Programm der Schwedendemokraten
Sachpolitisch aber orientiert sich die heute vorgestellte Koalition in weiten Teilen am Parteiprogramm der Schwedendemokraten. Während frühere bürgerliche Regierungen Schweden in eine liberale Richtung veränderten – etwa bei der Bildung und im Gesundheitsbereich – wird nun unter der Oberaufsicht der Rechtspopulisten der Rückwärtsgang eingelegt.
Zu spüren bekommen werden dies unter anderem all jene Menschen im Zehn-Millionen-Einwohner-Land, die nicht in Schweden geboren wurden oder über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügen. Letzteren soll bei «ungebührlichem Verhalten» die schwedische Staatsbürgerschaft aberkannt werden können.
Minimalprogramm im Asylbereich
Und auch die letzten Überreste der lange recht liberalen schwedischen Einwanderungspolitik werden unter der neuen Führung in Stockholm verschwinden: Bei der Aufnahme von Flüchtlingen möchte sich Schweden künftig am Minimalniveau der Europäischen Union orientieren, für Asylsuchende werden Aufnahmezentren ausserhalb Schwedens erwogen.
All dies trägt kaum noch die Handschrift der bürgerlichen Parteien und umso mehr jene der Schwedendemokraten. Schweden soll nach Wunsch der Schwedendemokraten künftig nicht mehr sozialdemokratisch oder liberal unterwegs sein, sondern – wie das grosse Vorbild Ungarn – eine illiberale Demokratie werden.