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Rede vor US-Kongress Israels Präsident beschwichtigt: «Demokratie ist nicht in Gefahr»

Die umstrittene Justizreform in Israel wird zur Belastungsprobe für die engen Bande zu Washington. In einer Rede vor dem US-Kongress versuchte Israels Präsident, die Wogen zu glätten.

Der israelische Präsident Izchak Herzog hat vor dem US-Kongress in Washington gesprochen. Offizieller Anlass der Rede war das 75-jährige Bestehen des Staates Israels. Doch Herzog war auch nach Washington gekommen, um zu beschwichtigen.

Denn die umstrittene Justizreform in Israel wird zur Belastungsprobe für die traditionell sehr enge Beziehung zwischen den beiden Ländern. In den USA wächst die Sorge um die Demokratie in Israel.

Amerika ist unersetzlich für Israel. Israel ist unersetzlich für Amerika.
Autor: Izchak Herzog Israelischer Präsident vor dem US-Kongress

«Die Demokratie in Israel ist nicht in Gefahr», betonte Herzog in seiner Rede, obwohl die geplante Reform auch in diesen Tagen zu massenhaften Protesten gegen die israelische Regierung geführt hat. Präsident Herzog beschwor zudem die engen Bande zwischen den USA und Israel. «Amerika ist unersetzlich für Israel. Israel ist unersetzlich für Amerika.»

Zuvor hatte Herzog den US-Präsidenten getroffen. Joe Biden bezeichnete die Freundschaft der beiden Länder als unzerbrechlich. Doch die Beziehung ist angespannt. Das konservative «Wall Street Journal» kommentierte kürzlich, zumindest mit seiner Rhetorik behandle Biden Israel schlechter als das Regime in Iran.

Beziehungskrise Biden-Netanjahu

Der israelische Siedlungsbau im Westjordanland, Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern und vor allem die umstrittene Justizreform, die die rechte Regierungskoalition von Benjamin Netanjahu vorantreibt: All das belastet die Beziehungen.

Biden hat Netanjahu offen für die Justizreform kritisiert und sagte, in Netanjahus Kabinett sässen einige der extremsten Figuren, die er je gesehen habe. Bislang hat Biden den israelischen Ministerpräsidenten nicht in Washington empfangen.

«Kompromisslosigkeit der Regierung hat Israel in Krise gestürzt»

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Susanne Brunner
Legende: SRF

SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner: «Für die USA gilt Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten. Sie geben Milliarden aus, um diese militärisch und wirtschaftlich zu unterstützen. Seit sieben Monaten protestieren in Israel aber Hunderttausende gegen Benjamin Netanjahus Regierung: Diese sei auf dem besten Weg, Israel in eine Diktatur zu verwandeln. Netanjahu hat Anfang Jahr eine rechtsnationale, ultra-religiöse Regierung zusammengestellt. Diese will eine höchst umstrittene Justizreform durchbringen. Vereinfacht gesagt will die Regierung der politischen Mehrheit fast unbegrenzte Macht geben: Egal, was für Gesetze sie erlässt – das Höchste Gericht soll dazu nichts mehr zu sagen haben.

Die Kompromisslosigkeit, mit der die Regierung vorgeht, hat Israel in eine tiefe Krise gestürzt. Zwar versicherte der israelische Präsident Izchak Herzog in Washington, dass die israelische Demokratie lebt. Die Proteste seien ein Beweis dafür. Aber: Wenn in Israel willkürlich Frauen- und Minderheitenrechte ausgehebelt werden sollen, ist das für die USA mehr als peinlich. Dazu kommt, dass die israelische Regierung den Siedlungsbau in den besetzten israelischen Gebieten rasant vorantreibt und sich um den internationalen Konsens foutiert, wonach diese Siedlungen illegal sind. Damit steigt die Gefahr für eine Gewalteskalation zwischen Palästinensern und Israel – und womöglich auch im Nahen Osten generell.»

Stattdessen kam das unpolitische Staatsoberhaupt in die US-Hauptstadt. Herzog sprach vor dem Kongress von einer hitzigen, schmerzvollen Debatte in Israel, versicherte aber: «Die intensive Debatte um die Justizreform ist das klarste Zeichen für die Stärke der israelischen Demokratie.»

Abgeordnete am linken Rand der Demokraten blieben der Rede aus Protest fern. Herzog erntete aber viel Applaus von beiden Parteien. Und Ministerpräsident Netanjahu darf hoffen: Er und Biden haben telefoniert. Netanjahu wird wohl noch vor Jahresende von Biden empfangen.

Heute Morgen, 20.07.2023, 06:00 Uhr

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