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Regierungskrise in Italien «Conte müsste jetzt das Unmögliche schaffen»

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte tritt wie erwartet zurück. Bereits früher hatte sich abgezeichnet, dass er damit die politische Krise des Landes inmitten der Corona-Pandemie lösen will – nun kann er darauf hoffen, von Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Bildung einer neuen Regierung betraut zu werden.

Doch während er letzte Woche im Parlament zwei Vertrauensabstimmungen knapp überstanden hat, sind die Chancen für eine neue Regierungskoalition gering, wie Korrespondent Philipp Zahn aufzeigt.

Philipp Zahn

Auslandredaktor

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Philipp Zahn ist Teil der TV-Auslandredaktion von SRF. Davor berichtete er als Korrespondent aus Italien, Griechenland und der Türkei. Zahn studierte Geschichte, Volkswirtschaft und Philosophie in Berlin und Siena.

SRF News: Giuseppe Conte hat Staatspräsident Sergio Mattarella seinen Rücktritt angeboten. Wohl nicht, weil er wirklich gehen will. Was ist seine Strategie?

Philipp Zahn: Es sieht ganz so aus, als ob Conte momentan auf Zeit spielen will. Er möchte, dass Mattarella ihm nochmals eine Frist einräumt, um auszuloten, ob er doch noch eine politische Mehrheit haben kann. Es bleibt jedoch wenig Zeit für Conte und es sieht nicht gut für ihn aus.

Das wäre die dritte Auflage einer Conte-Regierung. Wird Mattarella ihm da den Rücken stärken?

Conte müsste jetzt das Unmögliche schaffen, was er in den letzten Tagen nicht geschafft hat – nämlich wieder eine neue politische Mehrheit finden. Das ist schwierig. Er hat zwar ausgelotet, aber es stand morgen eigentlich eine neue Vertrauensabstimmung an, die jetzt nicht stattfinden wird. Da war mathematisch klar, dass Conte keine Mehrheit bekommt. Es sieht also momentan ganz danach aus, als ob er nicht wieder regieren kann.

Der italienische Staatspräsident wird sich vielleicht nicht für Conte entscheiden.

Eine starke Regierung, wie es Mattarella verlangt, wird Conte also kaum zustande bringen können?

Bei Matteo Renzi, der letzte Woche aus der Koalition ausgetreten ist, gibt es keine Signale, dass seine Parlamentarier wieder zurückkehren werden. Er hat auch aus der Mitte keine neuen Politikerinnen und Politiker akquirieren können. Es gäbe noch die Alternative einer nationalen Einheitsregierung, aber da will die rechte Opposition nicht mitspielen. Der italienische Staatspräsident hat also nur wenige Tage zur Verfügung – und vielleicht wird er sich auch nicht für Giuseppe Conte entscheiden.

Gerade jetzt, wo in Italien wichtige Entscheidungen betreffend Corona-Wirtschaftshilfen anstehen: Schadet da dem Land dieses politische Hin und Her nicht noch zusätzlich?

Das ist so. Momentan steht in Italien alles still. An und für sich müsste die Regierung jetzt ein riesiges Konjunkturpaket zusammenschnüren über 200 Milliarden Euro, die die Europäische Union Italien in Aussicht gestellt hat als Corona-Hilfen.

Viele wertvolle Tage für Corona-Hilfen verstreichen jetzt einfach.

Das liegt alles jetzt quasi brach. Es werden keine Entscheidungen getroffen, viele wertvolle Tage verstreichen jetzt einfach. Und auch in Brüssel macht man sich natürlich immer mehr Sorgen über den politischen Wackelkandidaten Italien.

Das Gespräch führte Penelope Kühnis.

Tagesschau, 26.01.21, 12:45 Uhr ; 

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