Das Wichtigste in Kürze
- Italiens Senat spricht sich als zweite Parlamentskammer mit 169 zu 99 Stimmen für Paolo Gentilonis Kabinett aus.
- Am Vortag hatte bereits das Abgeordnetenhaus Gentiloni das Vertrauen ausgesprochen.
- Der Regierungschef soll das Land zumindest bis zu vorgezogenen Wahlen im kommenden Jahr führen.
Erster internationaler Auftritt am EU-Gipfel
Nach der Vertrauensabstimmung kann die neue Regierung Gentiloni nach dem Rücktritt von Matteo Renzi offiziell die Arbeit aufnehmen. Es wird allerdings erwartet, dass sie nicht allzu lange hält, weil fast alle Parteien Neuwahlen fordern.
Paolo Gentiloni war bislang Aussenminister. Er tritt nun am Donnerstag am EU-Gipfel in Brüssel erstmals als Ministerpräsident auf.
Italien werde dabei eine klare Position beziehen, kündigte der neue Ministerpräsident an. Es sei unannehmbar, dass Europa Strenge bei der Sparpolitik zeige, zugleich aber tolerant mit Ländern sei, die in Sachen Flüchtlinge nicht ihre Verantwortung übernehmen würden.
Wenig beliebeter neuer Ministerpräsident
Gentilonis Vorgänger Matteo Renzi war zurückgetreten, nachdem die Italiener am 4. Dezember gegen eine Verfassungsreform gestimmt hatten.
Diese parteiinterne Übernahme des Postens als Regierungschef löste Kritik bei der Opposition aus. Vor allem Beppe Grillos Bewegung «MoVimento 5 Stelle» drängt auf Neuwahlen und kritisiert die Regierung Gentiloni als Neuauflage der Vorgängerregierung.
Gentiloni trägt darum als Vertrauter des früheren Premierministers Renzi bereits den Spitznamen «Renziloni» oder «Gentikloni».
Neues Wahlgesetz notwendig
Bevor es Neuwahlen in Italien geben kann, muss allerdings das Wahlrecht angepasst werden. Dazu sind langwierige Streitereien programmiert. Spekuliert wird, dass frühestens im Sommer 2017 Parlamentswahlen stattfinden können.
Für Gentiloni hat der Aufbau nach den schweren Erdbeben in Mittelitalien Priorität, dazu kommen die Flüchtlingskrise im Mittelmeer, die Beziehungen zu Russland und die Rolle Italiens in der EU.
Auch die aktuelle Bankenkrise verlangt schnelles Handeln. Schafft es vor allem die hoch verschuldete Bank Monte dei Paschi nicht, ihr Eigenkapital zu erhöhen, müsste die Regierung Gentiloni schon Ende Woche Staatshilfen beschliessen.
Sechs Schlüsselfiguren in der neuen Regierung Italiens
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Bild 1 von 6. Pier Carlo Padoan: . Der 66-jährige Ökonom bleibt auf seinem Posten als Finanzminister. Der Experte gilt in der Finanz- und Bankenkrise sowie im Dialog mit der EU-Kommission als unentbehrlich. Padoan arbeitete in der Vergangenheit unter anderem für den Internationalen Währungsfonds. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 6. Angelino Alfano: . Der 46-Jährige wechselt vom Innen- ins Aussenministerium. Er ist Vorsitzender der 2013 gegründeten Mitte-rechts-Partei Nuovo Centrodestra (NCD). Eine seiner Aufgaben wird sein, die Feierlichkeiten zum 60. Geburtstag der EU in Rom im März und den G7-Gipfel unter italienischer Präsidentschaft Ende Mai vorzubereiten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 6. Marco Minniti . erbt das Innenministerium von Angelino Alfano. Für den 60-jährigen Sozialdemokraten hält vor allem die Flüchtlingskrise Herausforderungen bereit. In diesem Jahr sind bereits mehr als 173'000 Menschen an Italiens Küsten angekommen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 6. Anna Finocchiaro . ist erfahrenes Mitglied der sozialdemokratischen Regierungspartei PD und neue Ministerin für parlamentarische Angelegenheiten. Die 60-Jährige wird in den kommenden Monaten damit beschäftigt sein, das Wahlrecht für Abgeordnetenhaus und Senat anzugleichen – eine Voraussetzung für Neuwahlen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 6. Roberta Pinotti . bleibt Ministerin für Verteidigung. Italien stellt derzeit 6750 Soldaten in internationalen Missionen; von ihnen sind 1400 im Irak, 1100 im Libanon und 950 in Afghanistan stationiert. 850 von ihnen überwachen das Mittelmeer und sind an Rettungseinsätzen beteiligt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 6. Maria Elena Boschi . war in Matteo Renzis Kabinett als Reformministerin mit der Verfassungsänderung befasst, die im Referendum am 4. Dezember vom Volk abgelehnt wurde. Die 35-Jährige wird nun Staatssekretärin im Regierungspalast und bekommt damit eine einflussreiche Position an der Seite des Ministerpräsidenten. Bildquelle: Reuters.