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Regionalwahlen in Russland Wie der Kreml mit Desillusion Wahlen gewinnt

Der Plan von Alexej Nawalny und seinen Mitstreitern, bei den Regionalwahlen die Regierungspartei Geeintes Russland von Schlüsselpositionen abzuwählen, ist gescheitert. Bereits am Sonntagabend erklärte der ehemalige Ministerpräsident und amtierende Parteivorsitzender von Geeintes Russland, Dimitri Medwedew, dass die Partei die Wahlen gut gemeistert habe.

Auf dem Papier fällt die Bilanz für die Kreml-Partei voraussichtlich in der Tat sehr positiv aus. Mit Ausnahme von voraussichtlich drei sibirischen Stadtparlamenten konnte Putins Partei sich eine deutliche Mehrheit der Stimmen sichern. Insbesondere bei den Gouverneursposten gelang es dem Kreml ohne Ausnahme, die eigenen Kandidaten ins Amt zu hieven. Selbst in Regionen, in denen ein Sieg scheinbar auf der Kippe stand, setzten sich alle Kandidaten für die Gouverneursposten unter Kremls Gnaden durch.

Über die undemokratischen Mittel, die der Kreml dazu anwenden musste, schweigt sich der Parteivorsitzende Medwedew aus. Dass es bei den Regionalwahlen keinen fairen und freien Wettbewerb gegeben hat, ist im Land allen klar und es ist diese Desillusion, mit der sich der Kreml in den Regionen an der Macht hält.

Fehlende Überzeugungskraft

Der Opposition lässt sich angesichts des unfairen und undemokratischen Wettkampfes gegen die Übermacht des Kremls im Kern nur ein Vorwurf machen: Es ist ihr nicht gelungen eine ausreichend grosse Anzahl an Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen an den Wahlen teilzunehmen.

Die tiefe Wahlbeteiligung spielt dem Kreml doppelt in die Hände: In einem ersten Schritt macht eine tiefe Wahlbeteiligung das Manipulieren des Wahlresultats für den Kreml deutlich leichter. Mittelfristig wird das offizielle Resultat der Regionalwahlen die schweigende Mehrheit der Stimmberechtigten im Land in ihrer Meinung bestätigen, dass sich mit Wahlen in Russland nichts verändern lässt. Nach dem Ablauf der Wahl dürfte der Kreml beruhigt auf die nationalen Parlamentswahlen im kommenden Jahr blicken.

Scheinbar aussichtslose Situation für Opposition

Obwohl die Unzufriedenheit im Land über die Politik von Präsident Putin und der Kreml-Partei messbar wächst, schlägt sich dies nicht an den Wahlurnen nieder. Dieses Paradox dürfte die Opposition verständlicherweise entmutigen, an den bisherigen Strategien festzuhalten.

Das Geeintes Russland in voraussichtlich drei Stadtparlamenten, darunter auch in Nowosibirsk, keine Mehrheit der Sitze mehr innehat, ist angesichts der schwierigen Umstände ein Achtungserfolg. Doch insgesamt ist die Ausgangslage für die Opposition im Land düster. Der Kreml hat vor den Wahlen die Gangart gegenüber politischem Widerspruch deutlich angezogen.

Ihrer Botschaft verleiht Russlands Machtzentrale weiterhin Nachdruck, indem sie im Fall der Vergiftung von Alexej Nawalny noch immer keine offizielle Untersuchung eingeleitet hat.

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

Tagesschau, 13. September 2020, 19:30 Uhr

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