Château Purcari liegt keine zwei Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Vom Rebberg aus sieht man auch über den Fluss nach Transnistrien, jene elf Prozent der Republik Moldau, die von Russland kontrolliert werden.
Purcari ist das wohl berühmteste Weingut der Moldau. Doch als Russland 2022 die Ukraine überfiel, verwandelte es sich über Nacht in ein Flüchtlingslager. Hunderte Menschen aus der Ukraine kamen hier vorläufig unter.
«Die letzten Jahre waren sehr hart für uns», sagt Anton Tofan, Marken-Manager des Weinguts. «Erst hatten wir die russische Importsperre gegen moldauischen Wein. Dann die Covid-Pandemie. Und dann begann der Krieg in der Ukraine.»
Doch bei unserem Besuch ist davon nichts mehr zu spüren. Derzeit werden in Purcari die Trauben geerntet. Neben dem Schloss wird eine grosse neue Kelterei gebaut. Es herrscht Aufbruchstimmung.
Der «Weinkrieg»
Bis 1991 war die Moldau ein Teil der Sowjetunion. Jede zweite Flasche Wein, die im sogenannten Ostblock getrunken wurde, stammte aus der Sowjetrepublik Moldau. Doch als das kleine Land nach der Unabhängigkeit begann, sich von Russland zu emanzipieren, reagierte der grosse Nachbar mit Härte.
2006 begann Russland den sogenannten «Weinkrieg». Es verhängte ein erstes Importverbot gegen Wein aus der Moldau. Angeblich wegen Schadstoffen im Wein. In Tat und Wahrheit aber wegen Moldaus Haltung zur abtrünnigen Transnistrien-Region.
2013 und 2016 verhängte Russland neuerliche Importsperren, nachdem die Moldau ein Abkommen mit der Europäischen Union geschlossen hatte; eine klare politische Botschaft Russlands gegen Moldaus Westkurs.
Der Innovationsschub
Die russischen Strafmassnahmen drohten, die Weinproduzenten in der Moldau zu ruinieren. Doch die internationale Gemeinschaft, namentlich die Weltbank, eilten zu Hilfe.
Es folgte ein Innovationsschub in der moldauischen Weinwirtschaft. Die Qualität der Weine stieg und die Produzenten fanden neue Abnehmer. Hauptmarkt ist jetzt Rumänien, gefolgt von Kasachstan, Tschechien, Polen und an fünfter Stelle China.
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Bild 1 von 6. Weinreben soweit das Auge reicht in der Republik Moldau. Bildquelle: SRF / Peter Balzli.
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Bild 2 von 6. Die Kellerei Cricova Moldova beherbergt eine der umfangreichsten Weinsammlungen des Landes Moldaus und ist ein Tourismusmagnet. Bildquelle: SRF / Peter Balzli .
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Bild 3 von 6. Der unterirdischen Keller von Cricova mit einigen der Weine. Bildquelle: imago images / Dreamstime.
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Bild 4 von 6. Riesige Weinlager in den Gewölben der unterirdischen Weinkeller. Bildquelle: SRF / Peter Balzli .
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Bild 5 von 6. Die Kapelle in der Kellerei Cricova im weitläufigen unterirdischen Stollensystem. Bildquelle: SRF / Peter Balzli.
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Bild 6 von 6. In verschiedenen Räumen sind Weindegustationen möglich. Hier die Glasfenster des «Europäischen Saals» in der Kellerei Cricova. Bildquelle: SRF / Peter Balzli.
Die Weinwirtschaft ist auch einer der wichtigsten Tourismus-Magnete in Moldau. Die Weinkeller von Milestii Mici (250 Kilometer Gewölbekeller) und das Weingut Cricova (120 Kilometer) sind die beiden grössten Weinkeller der Welt und werden jedes Jahr von Zehntausenden Menschen besucht.
Ziel EU-Beitritt
2024 entschied die Republik Moldau in einer Volksabstimmung ganz knapp, das Ziel eines EU-Beitritts in der Verfassung zu verankern. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die grössten Weinproduzenten Europas, Frankreich, Italien und Spanien, nicht begeistert sind über die neue Konkurrenz aus der Moldau.
Die Frage bleibt allerdings: Wird sich der moldauische Wein auch gegen die starke Konkurrenz aus Südeuropa durchsetzen können? Natalja Bejenari vom Weingut Circova antwortet auf diese Frage gelassen: «Wenn Wein mit Liebe und Leidenschaft gemacht wird, dann wird es immer einen Platz für ihn geben auf dem Markt.»
Für den Wein aus der Moldau ist der europäische Markt jedenfalls offen. Seit Kurzem kann er zollfrei in die Europäische Union importiert werden. Jetzt muss sich zeigen, ob ihn die Kundschaft dort auch trinkt.