Die Lage im Flüchtlingslager Cox's Bazar sei kompliziert, berichtet Prashant Verma, Bangladesch-Chef der Schweizer Hilfsorganisation Helvetas. Erst recht, seit sich die USA als grösster Spender unerwartet zurückgezogen hätten.
Die Folgen hat Verma bei seinem kürzlichen Besuch selbst zu spüren bekommen, als der Zugang zu den Lagern von 4000 streikenden Hilfslehrern blockiert wurde. Sie arbeiteten bisher als Freiwillige für das Kinderhilfswerk Unicef, das zur Hälfte von USAID finanziert wurde, nun massiv sparen muss und die Lehrer entlassen hatte.
Welche Hoffnung können diese Kinder in dieser Welt noch haben?
Doch nicht nur Unicef muss sparen. Denn auch andere Geberländer werden angesichts multipler humanitärer Krisen weltweit knausriger. Im Rohingya-Camp mussten bis Juni – nach Angaben von Hilfsorganisationen – bereits 6500 Schulen schliessen. Damit verlieren 300'000 Flüchtlingskinder ihren Zugang zur Bildung und damit laut Verma ein bisschen Hoffnung in dieser Welt.
Doch nicht nur Bildung ist im grössten Flüchtlingscamp der Welt rar. Auch die Ressourcen für Essen werden immer knapper: Das Welternährungsprogramm der UNO stellt jedem registrierten Flüchtling 12 Dollar für Essen zur Verfügung – für einen ganzen Monat.
Schon das reicht nur für das absolut Notwendige: Reis, Öl, Zwiebeln und ein bisschen Salz. Erneute Kürzungen seien zu erwarten, schätzt der Helvetas-Manager. Die Flüchtlinge seien daher extrem verunsichert.
Flüchtlingslager wächst unaufhaltsam
Kommt hinzu, dass der Flüchtlingsstrom nicht abreisst. In den letzten Monaten flohen laut UNO-Angaben mehr als 150'000 weitere Rohingyas vor dem Bürgerkrieg im benachbarten Myanmar nach Cox's Bazar. Das für eine halbe Million Menschen ausgelegte Lager platzte laut Verma schon vorher aus allen Nähten.
Während die Zahl der Geflüchteten steigt, werden die Hilfsgelder immer knapper. Die UNO warnt bereits, dass sie ihre Nahrungsmittelhilfe Ende des Jahres ganz einstellen muss, wenn nicht mehr Geld reinkommt.
Es geht ums blanke Überleben. Die Rohingyas sind als Flüchtlinge nicht offiziell anerkannt und dürfen das Lager nicht verlassen.
Angesichts der Ausweglosigkeit wächst die Gewalt im Flüchtlingslager. Das Lager wird laut Verma von Clanchefs kontrolliert. Hilfsorganisation könnten nur tagsüber im Lager arbeiten, ab dem späten Nachmittag werde es zu gefährlich. Menschenhandel, Drogen- und Waffenhandel seien weit verbreitet.
«Es geht ums blanke Überleben», sagt der Helvetas-Vertreter. Bangladesch habe die Rohingyas nicht offiziell als Flüchtlinge anerkannt. Sie hätten keine Rechte, dürften nicht offiziell arbeiten, kein Bengali lernen und das Lager nicht verlassen. Sie lebten wie Gefangene, sagt Verma.
Keine Lösungen für Cox's Bazar in Sicht
Doch das Entwicklungsland Bangladesch steckt selbst in der Krise und fühlt sich von der Welt im Stich gelassen. Heute findet in Bangladesch ein hochrangiges Treffen zur Lage in Cox's Bazar statt – in Vorbereitung auf eine UNO-Konferenz Ende September.
Am liebsten wäre es Bangladesch und der UNO, wenn die Rohingyas so schnell wie möglich nach Myanmar zurückkehren würden. Realistisch ist das angesichts des lodernden Bürgerkriegs aber nicht.