Zum Inhalt springen

Header

Audio
Rücktritt von Nahles: ein Putsch ohne Plan
Aus Nachrichten vom 02.06.2019. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 26 Sekunden.
Inhalt

Rücktritt von Nahles Die SPD zerfällt

SPD-Partei und Fraktionschefin Andrea Nahles gibt alle ihre Ämter ab und wird auch den Bundestag verlassen. Die Sozialdemokraten hoffen einmal mehr, mit Personalwechseln den Niedergang aufzuhalten.

Sie habe mit der Vertrauensfrage als SPD-Fraktionsvorsitzende am kommenden Dienstag Klarheit schaffen wollen, schrieb Nahles in ihrem schriftlichen Statement von heute Morgen. Diese Klarheit habe sie aber bereits diese Woche erhalten, «der notwendige Rückhalt ist nicht mehr da». In der Tat: Sowohl Medien als auch Parteigenossen hatten in den letzten Tagen aus vollen Rohren über und unter die Gürtellinie gegen die erste Frau an der Spitze der SPD geschossen – Solidarität von Frauenseite gab es nicht.

Gnadenlose SPD

Denn Nahles hatte den Niedergang der SPD nicht aufhalten können. Und dafür gibt es bei der SPD keine Gnade. Nicht einmal in der traditionell disziplinierten Fraktion hatte sie offenbar einen sicheren Rückhalt. Nahles beging auch gravierende taktische Fehler, zum Beispiel in der Affäre um den inzwischen zurückgetretenen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maassen.

Seit September 2017 führt Nahles die Fraktion, erst seit April 2018 auch noch die Partei. Das Ergebnis bei der Europawahl vom vergangenen Wochenende war das schlechteste deutschlandweite Resultat seit 1887. Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen, dem kleinsten Bundesland, wurde sie zum ersten Mal seit 73 Jahren von der CDU geschlagen. Beide Wahlen waren zwar kein Verdikt auf Bundesebene, aber ein Fiebermesser für die SPD.

Nachfolger von Nahles gesucht

Nun sollen einmal mehr neue Köpfe die SPD retten. Offizielle Kandidaturen gibt es noch nicht. Möglich wäre, dass der krachend gescheiterte Kanzlerkandidat von 2017, Martin Schulz, die Fraktion und Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, die Parteiführung übernimmt. Scholz möchte Kanzlerkandidat werden.

Eine mögliche Kandidatin ist auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig. Als Übergangskandidatin für den Parteivorsitz wird die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer gehandelt, als gesundheitlichen Gründen wird sie sich möglicherweise nur temporär für dieses Amt zur Verfügung stellen.

Was heisst das für die Grosse Koalition?

Andrea Nahles hatte die Grosse Koalition an einem Parteitag anfangs 2018 geradezu herbei geschrien und massgeblich ein Ja zur sogenannten «Groko» durchgesetzt. Ob die künftige SPD-Führung den Mut hat die Grosse Koalition zu verlassen, weiss sie wahrscheinlich noch selbst nicht. Wie so oft putscht die SPD auch diesmal ohne klaren Plan für die Zukunft. Ein Parteitag, der darüber befinden könnte, sei aus Fristengründen nicht vor dem Herbst möglich, heisst es.

Wie aber nur mit neuem Personal die extrem schwierigen Landtagswahlen im Herbst überlebt werden sollen, ist mehr als fraglich. Für die SPD rächt sich, dass sie 2018 den Fehler machte und doch noch in eine Grosse Koalition eingetreten war.

Peter Voegeli

Peter Voegeli

Italien-Korrespondent

Personen-Box aufklappenPersonen-Box zuklappen

Peter Voegeli ist seit Herbst 2021 Italien-Korrespondent. Von Rom aus hat er auch den Vatikan im Blick, sowie die politische und wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland und Malta. Während 2005 und 2011 berichtete er aus Washington. Nach einem Zwischenhalt als Moderator von «Echo der Zeit» wechselte er 2015 auf den Korrespondentenposten in Berlin.

Video
SPD-Chefin Nahles tritt zurück
Aus Tagesschau vom 02.06.2019.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 35 Sekunden.
Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel

Nach links scrollen Nach rechts scrollen

33 Kommentare

Navigation aufklappen Navigation zuklappen
  • Kommentar von Lothar Drack  (spprSso)
    Als Frau Nahles ins Amt gehieft wurde, welches sie jetzt schon wieder verlässt, liess sie sich vor einer recht üppig ausgelegten Doppelgarage (ihres Eigenheims) ablichten! Ist noch nicht so lange seither...
    ...aber ich hab mich schon damals gefragt, welches „Weltbild“ wohl dahinter stehen mag... welche Bilder damit geprägt werden sollen? Ja nu, sehr lange scheint’s eh nicht funktioniert zu haben... recht so!
  • Kommentar von Margot Helmers  (Margot Helmers)
    Was ist mit dem Vermögen der SPD, falls sie sich auflösen sollte? Der SPD gehört zu 100 % die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) zahlreiche Beteiligungen an Zeitungen und Radiosendern. In Achgut: "Neues von der Medienmacht der SPD". Der Bundestag veröffentlichte am 29.05.2018 die Rechenschaftsberichte der Parteien für 2016. Die Bilanz der SPD wies ein Reinvermögen 217'560'274 € aus, davon sind aus Unternehmensbeteiligungen 10'019'126 € und aus Kapitalanlagen 14'303'700 €.
  • Kommentar von Lesek Hottowy  (Lhot)
    Es wird Zeit, dass die Sozies durch die Grünen abgelöst werden. Der gewerkschaftliche Sozialismus ist überholt.
    1. Antwort von Thomas Tanneler  (ipool)
      Hottowy,
      Der gewerkschaftliche Flügel ist bei weitem nicht überholt, sondern fehlt bei den Sozis zu Gunsten grüner Politik. Sie denken nicht wirklich das Bürgerliche und Nationalisten die Interessen der Arbeiter vertreten? Die Sozis haben sich in der Akademischen Ausrichtung verirrt und die Arbeiter vergessen. Genau diese sind sie am verlieren zu den Nationalisten, welche durch ihre binäre Politik und Angstmache, nicht wirklich die Arbeiter vertreten sondern die Demokratie untergraben wollen.