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Russisches Freiwilligenkorps Denis Kapustin – so tickt der russische Neonazi in der Ukraine

Die russische Miliz um Denis Kapustin nimmt es mit dem Kreml auf. Wie tickt Kapustin? Eine Spurensuche.

Kapustin und die Angriffe in Russland: Nach den jüngsten Angriffen auf Ziele in der russischen Grenzregion hat der Anführer einer russischen Miliz neue Vorstösse angekündigt.

«Ich denke, Sie werden uns wieder auf der anderen Seite sehen», sagte Denis Kapustin, Kommandant des Russischen Freiwilligenkorps (RVC), vor Reportern auf der ukrainischen Seite der Grenze. «Es wird wieder einen Ort geben, an dem es heiss zu und hergeht.»

Russisches Freiwilligenkorps

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Männer.
Legende: Keystone/SERGEY KOZLOV

Das Freiwilligenkorps (RDK oder RVC) ist eine im August 2022 gebildete Einheit russischer Freiwilliger, die seit 2014 für die Ukraine kämpfen. Das RDK behauptet, Teil der internationalen Legion der Ukraine zu sein. Die ukrainische Regierung hat diese Behauptungen jedoch nicht bestätigt.

Im Gegensatz zur Legion «Freiheit Russlands» wird das RDK nicht aus Kriegsgefangenen und ehemaligen russischen Soldaten ausgewählt, die der «Legion» aus Russland beigetreten sind, sondern aus ethnischen russischen Emigranten, die in der Ukraine sowie in anderen europäischen Ländern leben.

Kapustins Verbindungen in die Schweiz: Das Netzwerk «White Rex» vertreibt eine eigene Kampfsportmarke, Gründer ist Denis Kapustin. Auf einem Youtube-Video sieht man, wie Kapustin der rechtsextremistischen «Partei national orientierter Schweizer» (Pnos) Kampftraining gibt. Die Partei löste sich 2022 auf.

Recherchen der «Rundschau» und des «Tagesanzeigers» hatten 2019 ergeben: Wer bei «White Rex» T-Shirts oder Boxhandschuhe bestellt, kaufte bei der schweizerischen Fighttex AG. Der einzige Verwaltungsrat war dazumal der Vizepräsident der Pnos, Florian Gerber.

Der Geldgeber der Versandfirma war der Inhaber der renommierten Matratzenfabrik Roviva, Peter Patrik Roth. Ein Foto zeigte ihn zusammen mit Kapustin. Nach der Veröffentlichung der Recherche zog Roth sein Kapital bei der Versandfirma ab.

Widersprüchliche Biografie: Kapustins Biografie ist gespickt von Widersprüchen. In Moskau geboren, gelangte er 2001 mit seiner Familie nach Deutschland – als jüdischer Kontingentflüchtling. Der «Spiegel» hatte 2019 berichtet, dass Kapustin in Köln in einer multikulturellen Nachbarschaft aufwuchs. Früh werden zwei Punkte in seinem Leben zentral: der Kampfsport und rechtsextreme Ideologien.

Nicht nur Strassenkämpfer und Neonazi

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Kapustin ist nicht nur Strassenkämpfer und Neonazi, er ist auch Geschäftsmann. 2008 gründet er das Modelabel «White Rex», das schnell auf grosse Begeisterung in der Hooligan-Szene stösst. In ganz Europa wird die Marke zum Erkennungszeichen von Hooligans mit rechtsextremen Hintergrund. (siehe oben im Text.)

Gedankengut: Laut der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung erklärt Kapustins Label «White Rex», Ziel sei die «Verankerung des Sportes im gesunden Teil unserer europäischen Jugend». Kapustins Ideologie lässt sich schon am Design der Artikel erahnen: So bietet er T-Shirts mit «88»-Aufschrift, in der rechtsextremen Szene ein bekannter Code für die Grussformel «Heil Hitler». Kapustin sei während seiner Zeit in Deutschland fest in der rechtsradikalen Szene verankert gewesen, schreibt der «Spiegel».

Mann.
Legende: Reuters/Viacheslav Ratynskyi

Er pflegte Kontakt zu Thorsten Heise und Thommy Frenck, zwei führenden Neonazis aus Ostdeutschland. Kapustin wurde unterdessen mit einem Einreiseverbot für den ganzen Schengenraum belegt. Dieses gilt auch für die Schweiz. Wie der «Spiegel» berichtet, lebt er offenbar seit 2018 in der Ukraine.

Bereits im März 2023 kam es zu Übertritten bei Briansk an der russischen Grenze. Auch hier beteiligt: Kapustin und seine Gruppen.

Verhältnis zu Russland: So eindeutig seine politische Einstellung ist, so ambivalent ist sein Verhältnis zu Russland und der Ukraine. Auf der einen Seite pflegte er gute Kontakte in die rechtsextreme russische Hooliganszene, auf der anderen Seite lebt er offenbar seit Jahren in der verfeindeten Ukraine.

Sympathie für Maidan-Proteste

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Kapustin unterstützte auch die Demonstrationen auf dem Maidan, wie das ZDF berichtet. Allerdings nicht aus Sympathie gegenüber einem freiheitlichen, demokratischen Bestreben, sondern weil er darin ein Vorbild einer Revolution in Russland gesehen habe.  

Laut dem Journalisten Michael Colborne, der seit Jahren zu Kapustin recherchiert, ist das ambivalente Verhältnis zu Russland kein Widerspruch. Kapustin lehne tatsächlich den russischen Staat und insbesondere Wladimir Putin ab. Er sei mehr ein «weisser Nationalist als ein russischer Nationalist», so Colborne.

Tagesschau, 23.5.2023, 19:30 Uhr ; 

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