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Russland-Affäre Trump-Freund Roger Stone muss hinter Gitter

Der langjährige Freund und Berater von US-Präsident Trump muss wegen Falschaussage und Zeugenbeeinflussung für fast dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das entschied eine Richterin in der Hauptstadt Washington. In den letzten Tagen hatte sich Donald Trump wiederholt öffentlich für Stone stark gemacht und damit viel Kritik ausgelöst.

Die Haftstrafe für Roger Stone fällt tiefer aus, als die Staatsanwälte gefordert hatten. Ursprünglich empfahlen sie einen Strafrahmen von sieben bis neun Jahren. Dies verurteilte Präsident Trump umgehend via Twitter als «Verfehlung der Justiz». Daraufhin stellte sich Justizminister William Barr in einem äusserst ungewöhnlichen Schritt gegen die Empfehlung der Staatsanwälte und forderte ein deutlich geringeres Strafmass.

Auf den ersten Blick scheint Richterin Amy Berman Jackson dem Druck aus dem Weissen Haus nun nachgegeben zu haben. Aber dieser Eindruck täuscht wohl. Es gab zuvor durchaus auch Stimmen von namhaften Juristinnen und Juristen, die das Vorgehen des Präsidenten und seines Justizministers verurteilten und dennoch die Forderung nach einer Gefängnisstrafe bis zu neun Jahren als nicht angemessen erachteten.

Noch keine Vollstreckung des Urteils

Dieser Beurteilung ist die Richterin nun gefolgt, die der 40-monatigen Gefängnisstrafe zusätzlich noch zwei Jahre Bewährungsfrist folgen lässt. Zudem hat sie Roger Stone eine Geldstrafe von 20'000 Dollar und 250 Stunden Sozialdienst auferlegt. Vollstreckt wird das Urteil allerdings nicht sofort. Die Verteidigung hatte schon vor der Entscheidung der Richterin eine Wiederholung des Prozesses verlangt, was sie mit der Befangenheit einer Geschworenen begründete.

Weit wichtiger als das Urteil ist aber die Tatsache, dass das Verhalten des Justizministers Befürchtungen verstärkt hat, die Unabhängigkeit der Justiz sei in den USA nicht mehr gewährleistet. Während William Barr in den Wochen zuvor unablässig kritisierte, Richter würden zu milde Urteile fällen, um die überfüllten Gefängnisse zu leeren, forderte er ausgerechnet im Falle eines Freundes des Präsidenten für Nachsicht mit einem Angeklagten.

Unabhängigkeit der Justiz

In den USA ist das Justizministerium gleichzeitig die oberste Anklagebehörde im Lande. Deshalb muss sich deren Chef politischen Druckversuchen des Präsidenten konsequent widersetzen. Sonst stellt er die Unabhängigkeit der Justiz infrage. Barr hat Präsident Trump seit seinem Antritt vor einem Jahr jedoch kein einziges Mal in die Schranken gewiesen, als dieser öffentlich Ankläger wie auch Richterinnen und deren Urteile kritisierte, die nicht seinen Vorstellungen entsprachen.

Erst als die vier mit dem Fall Roger Stone betrauten Staatsanwälte den Bettel hinschmissen, nachdem sie von ihrem Chef, dem Justizminister desavouiert wurden, und das Ausmass der Verunsicherung im Justizministerium sichtbar wurde, distanzierte sich Barr in einem Fernsehinterview von Trump. Auf viele Juristinnen und Juristen wirkte diese Distanzierung jedoch wenig glaubwürdig. Über 1100 ehemalige RichterInnen forderten in einem Brief den Justizminister zum Rücktritt auf. Für sie ist klar: In einem funktionierenden Rechtsstaat darf es keinen Zweifel geben an der Unabhängigkeit der Justiz.

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